… wirst du Regenwetter kriegen. Fliegen die Schwalben in den Höh’n, kommt ein Wetter, das ist schön.
Diese Bauernregel ist weit verbreitet und bekannt. Doch stimmt sie auch, und warum? Vor drei Jahren machte eine Studie in den Medien Schlagzeilen, welche genau das Gegenteil behauptet. Ich habe genauer hingesehen und wage hiermit einen Versuch zur Klärung.
Lange Zeit hielt sich der Volksglaube, dass Schwalben bei aufziehenden Fronten oder Gewittern tiefer fliegen als bei anhaltendem Schönwetter. Dafür gibt es durchaus plausible Erklärungen: Viel Sonnenschein im Sommerhalbjahr bewirkt eine Erwärmung der bodennahen Luftschichten mit nachfolgendem Aufsteigen derselben (Thermik). Damit werden auch Insekten mit in die Höhe getragen, welche wiederum das Ziel der Jagdflüge von Insekten jagenden Vögeln wie Schwalben und Mauersegler sind. Dass die Vögel somit dem Nahrungsangebot in die Höhe folgen, leuchtet ein. Hingegen befinden sich bei Regenwetter nur wenige Insekten in der Luft, und falls doch, halten sie sich meist nah über dem Boden oder über den Gewässern, wo sie dann von den Vögeln im Tiefflug gejagt werden. Doch mit solch einfachen Erklärungen allein ist der Komplexität der Natur in der Regel nicht beizukommen.
Im Jahr 2009 erschien eine Studie, welche die Aktivitäten und Flughöhen von Rauch- und Mehlschwalben im weststeirischen Hügelland näher untersucht hatte. Die Folgerung in der Zusammenfassung jener Studie war, dass die Schwalben bei “Schlechtwetter” nicht nur aktiver waren als bei “Schönwetter”, sondern im Schnitt auch höher flogen. Damit wäre die Bauernregel widerlegt, und entsprechend waren auch die Berichte in den Medien darüber. Die Reaktionen in den Leserspalten und Online-Foren jedoch zeigten, dass viele Naturfreunde und Vogelbeobachter dem nicht zustimmen konnten. Und in der Tat: Man braucht weder Meteorologe noch Ornithologe zu sein, um die einfache Beobachtung bestätigen zu können: Bei “Schlechtwetter” fliegen Schwalben meist tiefer als bei “Schönwetter”.
Doch worin liegt diese Diskrepanz zwischen einer wissenschaftlichen Untersuchung und der Beobachtung von Laien? Die Antwort ist so einfach wie ernüchternd: Sie liegt in der unterschiedlichen Definition der schwammigen Begriffe “Schönwetter” und “Schlechtwetter”. Liest man nämlich jene Studie genau durch, so stösst man darauf, was die Pressemitteilungen schlicht unterschlagen haben: Es wurde bei der Flughöhenbestimmung der Schwalben einzig unterschieden, ob die Wolken mehr oder weniger als 50 % des Himmels bedeckten. Weitere wichtige meteorologische Parameter wie Niederschlag, Luftfeuchte, Sichtweite, Wind usw. wurden nicht berücksichtigt!
Die Studie betrachtet somit nur einen ganz kleinen Teil des Wetters und dessen Auswirkung auf das Verhalten der Vögel, doch Wetter ist weitaus komplexer. Man kann also einzig den Schluss daraus ziehen, dass diese Zusammenhänge zwischen Wetter und Tierverhalten noch weitgehend unerforscht sind und somit viele Fragen offen bleiben müssen. Die Bauernregel jedenfalls fusst wie so manche andere auch auf Beobachtungen, die in vielen, wenn auch nicht in allen Fällen zutreffen. Dass die Bauernregel allerdings auch etwas über die Prognosekünste der Schwalben aussagen soll, ist eine sehr menschliche Eigenschaft, der Natur Dinge andichten zu wollen, welche einer näheren Untersuchung oft nicht standhalten.
Peter H.W. Biedermann, Martin H. Kärcher: Wetterabhängigkeit der Aktivität und Flughöhe von Rauchschwalben (Hirundo rustica) und Mehlschwalben (Delichon urbicum). Erschienen in: Egretta 50 (2009): Egretta – Vogelkundliche Nachrichten aus Österreich. Download als PDF
Gerhard Hankl am 14. Mai 2021 um 21:44 Uhr
Stelle die letzten 3 Tage fest, dass unsere Schwalben kaum fliegen, warum?
Fabienne Muriset am 14. Mai 2021 um 22:00 Uhr
Ohne Ortsangabe kann ich höchstens spekulieren, dass das Wetter auch bei Ihnen wie in den meisten Regionen Mitteleuropas kalt und nass ist. Da fliegen kaum Insekten, die von den Vögeln gejagt werden können. Möglicherweise schonen die Schwalben lieber ihre Energiereserven, als mit wenig Aussicht auf Erfolg herumzufliegen. Könnte auch bereits ein Zeichen sein, dass die Vögel hungern.