Nachdem wir letztes Jahr anhand des Flussregenpfeifers den Einfluss der Wetterlagen auf das Zugverhalten von Vögeln im März untersucht haben, machen wir nun im Jahresverlauf einen Schritt vorwärts und schauen uns an, ob sich ähnliche Muster auch bei Vögeln zeigen, welche in der ersten Aprilhälfte bei uns eintreffen. Untersucht wurden diesmal die Erstankünfte des Kuckucks in der Schweiz während der letzten vier Jahre, also 2016 bis zurück ins meteorologisch spezielle Frühjahr 2013.

Kuckuck in der Abendsonne des 25. Mai 2011 im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel
Der Kuckuck drängt sich für eine solche Untersuchung geradezu auf, ist er doch anhand seines Rufs unverwechselbar und muss auch nicht mühsam gesucht werden. Nicht nur versierte (Hobby-)Ornithologen, sondern jeder auch nur ein wenig naturinteressierte Mensch achtet auf den ersten Ruf des Kuckucks und deutet diesen als Ankunft des Frühlings.
Der Kuckuck überwintert ausschliesslich südlich der Sahara und ist somit ein Langstreckenzieher. Als Vogel, der den ersten Zug unabhängig von seinen Eltern absolvieren muss, stellt er ein Paradebeispiel für genetisch angeborenes Zugverhalten dar. Der Start des Frühjahrszugs in Afrika wird vom Sonnenstand gesteuert, ist also völlig unabhängig von Witterungsverhältnissen in Europa oder dem Mittelmeerraum, den es zu überqueren gilt. Gäbe es keine nennenswerten Witterungseinflüsse in Europa, müssten die Kuckucke aufgrund der genetischen Steuerung alljährlich sehr pünktlich bei uns eintreffen. In der Tat ist dies nahezu der Fall, zeigen doch die Auswertungen des ornitho-Portals, dass zuverlässig am zweiten April-Wochenende die Schwelle von 50 gemeldeten Vögeln in der Schweiz überschritten wird. Interessant ist aber die Zeitspanne davor, wo sich durchaus von Jahr zu Jahr Unterschiede bei der Erstankunft und bei der allmählichen Zunahme der Beobachtungen zeigen.
2016
Der März 2016 war nach einem sehr milden Winter insofern auffällig, indem er keinerlei auffällige Witterungsabschnitte aufwies. Für einen Frühlingsmonat, in dem sich üblicherweise Winterrückfälle mit bereits sehr milden Phasen abwechseln, zeigte sich der März 2016 in Mitteleuropa konstant durchschnittlich ohne Ausreisser nach oben oder unten. Am 30. März stellte sich die erste durchgreifend milde Phase ein.
Die folgenden Grafiken zeigen oben die Anzahl beobachteter Kuckucke in der Schweiz, als Quelle dient die Datenbank von ornitho.ch. Darunter veranschaulicht der orniwetter.info-Wetterlagenkalender den Witterungsverlauf der ersten vier Monate des Jahres:
Massgeblich ist für unsere Untersuchung die erste stärkere Welle gemeldeter Kuckucke von über 10 Exemplaren. Da viele Beobachter schwerpunktmässig am Wochenende unterwegs sind, schnellt jeweils am zweiten Aprilwochenende (rote Kalenderzahlen) die Zahl der gemeldeten Vögel in die Höhe. Die niedrigeren, aber konstanten Zahlen unter der Woche davor weisen allerdings darauf hin, dass bereits eine stattliche Anzahl der Vögel anwesend gewesen sein muss. Die weiss eingerahmten Tage im Wetterlagenkalender markieren eine günstige Wetterlage mit optimalen Zugbedingungen für den hauptsächlich nachts ziehenden Kuckuck. Wir sehen durchwegs trockene Witterung bei durchschnittlichen bis überdurchschnittlichen Temperaturen vom 31. März bis 5. April mit der Grosswetterlage TRW = Trog Westeuropa, welche im Alpenraum eine Südföhnlage verursacht. Zweifellos wird der Rückenwind für die Überquerung der Alpen genutzt:
Windströmungskarte für die Höhe von rund 1500 m. Die Fiedern zeigen Windrichtung und mittlere Windgeschwindigkeit, wobei eine ganze Fieder = 10 Knoten, eine halbe Fieder = 5 Knoten. Faustregel Umrechnung von Knoten in km/h: Knoten mal zwei Minus 10 Prozent = km/h. Durch das Hindernis Hochalpen werden die Windfelder teils umgelenkt und abgeschwächt, sind aber in grösserer Höhe bzw. an den Pässen mit der Hauptwindrichtung identisch.
2015
Auch im März 2015 fehlen markante Winterrückfälle, ebenso halten sich sehr warme Perioden in Grenzen. Ende März herrschte eine für die Jahreszeit ungewöhnlich stürmische Westlage, welche auf der Alpennordseite für etliche Sturmschäden verantwortlich war. Die erste Aprilwoche war von einem Winterrückfall geprägt. Eine Nordwest- und anschliessende Nordlage brachten nochmals Schnee bis in tiefe Lagen.
Man sieht, dass sich die Meldungen bis zum 8. April auf einzelne Vögel beschränken, selbst am ersten Aprilwochenende wurden nur 5 Beobachtungen gemeldet. Mit der Grosswetterlage HM = Hoch Mitteleuropa verbesserten sich die Zugbedingungen schlagartig: Durch das langsam über Mitteleuropa von West nach Ost ziehende Hoch drehte der Wind von Nord über Ost auf Süd. Unten dargestellt ist die Nacht mit der Umstellung der Windrichung im Alpenraum, wenig erstaunlich ist daher die rasche Zunahme der Beobachtungen ab dem 9./10. April:
2014
Das Frühjahr war nach einem sehr milden Winter ebenfalls extrem mild. Die einzelnen Monate nahmen bei den Temperaturen die Werte des Klimamittels des jeweils folgenden Monats voraus. Der März 2014 war fast so warm wie ein durchschnittlicher April. Entsprechend war die Entwicklung der Vegetation der langjährigen Norm um etwa drei Wochen voraus. Es gab im Gegensatz zu 2015 keinen Winterrückfall zum Monatswechsel März-April.
Trotz sehr günstiger Bedingungen (Grosswetterlage SEA = Südost antizyklonal) bereits in den letzten Märztagen trafen auf der Alpennordseite noch keine Kuckucke ein, was die oben erwähnte genetische Steuerung des Zugzeitpunkts deutlich unterstreicht. Am 31. März ging noch mal eine schwache Kaltfront durch mit kurzzeitiger Winddrehung auf Nordwest. Das nachfolgende Hoch erzeugte eine ähnliche Situation wie 2015, allerdings eine ganze Woche früher:
2013
Besonders interessant wird die Auswertung des Frühjahrs 2013, das mit dem kältesten März seit über 25 Jahren in die Klimageschichte Mitteleuropas einging und eine markante Kältewelle von Mitte März bis ins erste Aprildrittel mit wiederholten und teils ergiebigen Schneefällen bis in die tiefsten Lagen aufwies. Entsprechend zeigt sich das Bild der gemeldeten Beobachtungen:
Die Meldungen vom 29. März stammen von der Alpensüdseite und der Region Genf, also aus den klimatisch begünstigten Regionen der Schweiz.. Was den am 30. und 31. März in der Zentralschweiz beobachteten Vogel geritten hat, bei Schneefall gegen den eisigen Nordostwind anzukämpfen, weiss der Kuckuck. Jedenfalls blieben weitere Beobachtungen bis zum Wochenende des 6./7. April aus, und auch hier stammten die Meldungen bis auf einzelne Ausnahmen von der Alpensüdseite. Erst mit der Winddrehung auf West und milderen Luftmassen ab dem 9. April überquerten die Vögel in grösserer Zahl die Alpen. Dass dafür eine niederschlagsreiche Witterungsperiode genutzt wurde, deutet auf den Druck hin, die Brutreviere rechtzeitig zur Eiablage der Wirtsvögel zu erreichen.
Wir stellen also fest, dass auch bei genetisch gesteuertem Zug eine bestimmte Wetterabhängigkeit besteht, also nicht während kalter Perioden mit vorwiegend Gegenwind die Alpen überquert werden. Bei drohender deutlicher Verspätung der Ankunft im Brutrevier aufgrund einer längeren Kälteperiode wird die allererste Möglichkeit genutzt, auch wenn die Bedingungen durch kräftigen Regen nicht optimal sind. Hauptsache, die Windrichtung stimmt.
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