Das National Hurricane Center der USA prognostiziert aufgrund der Temperaturverhältnisse auf dem Atlantik eine schwache Hurricane-Saison 2018. Weshalb uns dies interessiert? Weil Langfristprognosen für den September häufig durch die Eingliederung alter tropischer Sturmtiefs in die atlantische Westwinddrift erschwert werden. So gesehen besteht die Hoffnung, dass im diesjährigen September entgegen der langjährigen Erfahrung die Prognosegüte etwas weniger schlecht dasteht. Vorsicht ist dennoch angebracht, kommen wir doch soeben aus der aussergewöhnlichsten Frühling/Sommer-Zirkulation seit mindestens 1947. Jedenfalls hat das Langfristmodell CFS – nachdem sich die Westwindzirkulation im August überraschend normalisiert hat – in den letzten Tagen wieder gehäuft die Blockadeversionen ausgepackt.
Wenn man den Läufen des Langfristmodells CFS der letzten drei Tage Glauben schenkt, dann ist die Westlagenepisode der letzten drei Wochen bereits wieder Geschichte. Nun ist es durchaus nicht aussergewöhnlich, dass im September häufig blockierte Lagen auftreten. So ist die Chance für stabile Hochdrucklagen über Europa statistisch in keinem Monat so hoch wie im September. Aber auch Nordlagen erreichen im September nach den Frühlingsmonaten ein zweites statistisches Maximum im September.
Der von uns präferierte Modelllauf zeigt eine ausgeprägte Hochdruckanomalie, die sich bei Neufundland beginnend über den gesamten Nordatlantik bis nach Skandinavien erstreckt und dort ein Zentrum der positiven Abweichung bildet. Schwache negative Druckanomalien zeigen sich über den Azoren und dem zentralen Mittelmeer. Demzufolge bekommen wir es in diesem Monat hauptsächlich mit Ostlagen zu tun, die wahrscheinlich wechselweise klassisch durch ein Hoch über Skandinavien und durch eine über dem nördlichen Mitteleuropa gelegene Hochdruckbrücke erzeugt werden. Nun sind Hochdruckbrücken für ihre Schwachstellen bekannt, durch die gerne abtropfende Tiefs von Nordwesten her kommend zum Mittelmeer ziehen und sich dort einnisten. Eine solche Lage erleben wir gerade aktuell und es scheint so, als dürfte sich dieses Szenario noch das eine oder andere Mal im kommenden Monat wiederholen.
Ein überdurchschnittlich temperierter September wird über dem gesamten Norden Europas gerechnet, wobei sich eine – wenn auch schwache – Brücke über Westeuropa hinweg nach Süden zu einem zweiten Wärmeschwerpunkt über Nordwestafrika bilden soll. Deutlich unterkühlt gerechnet wird der zentrale Mittelmeerraum und der Balkan: Eine Folge der oben erwähnten Abtropftiefs. Ob die unterdurchschnittlichen Temperaturen wie in der Karte gezeigt auch den gesamten Alpenraum erfassen, sei mal dahingestellt. Hier dürften sich wärmere und kühlere Witterungsphasen über den gesamten Monat gesehen wahrscheinlich etwa die Waage halten, und Föhn- sowie Staueffekte vermag diese Karte ohnehin nicht aufzulösen.
In Nordeuropa und somit auch im nördlichen Mitteleuropa ist aufgrund des überwiegenden Hochdruckeinflusses auch weiterhin nicht mit einem Ende der Trockenheit zu rechnen. Besser sieht es diesbezüglich im Alpenraum aus. Mit einem recht nassen Monat muss man in weiten Teilen Südeuropas rechnen, wobei sich die Niederschläge auf jene Tage konzentrieren, in denen die Tiefs in dieser Gegend aktiv sind. Dazwischen gibt es auch in diesen Regionen durchaus längere trockene Phasen mit warmem Spätsommerwetter.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Die Hoffnung, dass sich Flüsse und seichte Gewässer in Mitteleuropa als begehrte Rastplätze der Zugvögel im kommenden Monat auffüllen, zerschlägt sich einmal mehr. Daher konzentrieren sich rastende Limikolen wahrscheinlich auf die trocken gefallenen Uferzonen grösserer Seen. Sollte sich mit den gerechneten Skandinavien-Hochs über länger als eine Woche hinweg eine zügige Ostlage einstellen, darf mit vermehrtem Auftreten östlicher Irrgäste gerechnet werden. Die zu erwartenden Abtropftiefs sorgen jeweils für mehrere Tage Zugstau am nördlichen Alpenrand – alles in allem eigentlich vielversprechende Aussichten für die Raritäten-Jäger unter den Vogelbeobachtern.
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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