Oktober, der April des Herbstes. Nicht nur was die Ähnlichkeit des Temperaturniveaus angeht, sondern auch seiner Launenhaftigkeit wegen. Von beständigen Hochdrucklagen (Goldener Oktober) über Föhnstürme, Weststürme bis frühe Wintereinbrüche ist alles möglich und wegen der Unsicherheit der Auswirkung von in den Nordatlantik ziehenden Tropenstürmen einer der am schwierigsten zu prognostizierenden Monate. Das ist auch in diesem Jahr nicht anders. Aber wir sind froh, dass wir endlich wieder über detaillierte Prognosekarten verfügen (siehe “Grossgedrucktes” am Ende des Artikels), daher freuen wir uns ausserordentlich, uns nach einigen Monaten Abstinenz wieder weit aus dem Fenster lehnen zu können…

Wäre der Italiensperling Passer italiae ein Zugvogel, er würde wohl angesichts der zunehmenden Südföhnlagen auf die Alpennordseite verblasen werden – so bleibt uns aber nichts anderes übrig, als dieses absolut bodenständige Wesen auf der Alpensüdseite zu besuchen (Lugano, Anfang Oktober 2019)
Wie so oft weiss der Oktober auch kurz vor seinem Beginn noch nicht, was er will – entsprechend reichhaltig ist das Angebot an Variationen des Langfristmodells CFS. Wir haben uns einmal mehr an der Mehrheit der Lösungen der letzten Tage sowie an anderen Langfristmodellen orientiert und einen passenden CFS-Lauf ausgesucht, der eine uns plausibel erscheinende Rechnung präsentiert. Wie üblich im Winterhalbjahr orientieren wir uns am Bodendruck und an den Bodentemperaturen, um den sich häufenden Inversionslagen nicht auf den Leim zu gehen.
Dominierend für die Zirkulationsform in unserem Teil der Nordhemisphäre ist eine mässige Hochdruckanomalie über Osteuropa mit Zentrum über der Ukraine sowie eine etwas stärkere über dem westlichen Nordatlantik. Dazwischen erstreckt sich eine Rinne negativer Druckanomalie von den Azoren über die Britischen Inseln bis ins europäische Nordmeer. Dominierende Grosswettertypen sind West über Südwest bis Süd, wobei aufgrund der Position der blockierenden Hochs die Winkelwest-Lage, Südwest zyklonal sowie Tief Britische Inseln bevorzugt auftreten. Selten bis gar nicht dürften Wetterlagen der Sektoren Nordwest bis Nordost auftauchen, es sei denn – und hier sind wir bei der gezeigten Unsicherheit der Modelle – die Aktivität alternder Hurrikane auf dem Nordatlantik verschiebt die Tiefdruckrinne so weit nach Osten, dass daraus ein Trog oder Tief Mitteleuropa wird.
Die daraus folgende Temperaturabweichung für Mitteleuropa ist tendenziell auf der wärmeren Seite, wobei das Maximum von etwas über zwei Grad über dem langjährigen Mittel am ehesten in den vom Föhn beeinflussten inneralpinen Tälern sowie im nördlichen Alpenvorland auftreten dürfte. Deutlich zu warm werden Nord- bis Nordosteuropa sowie der zentrale Mittelmeerraum gerechnet, deutlich zu kühl unter permanenter Zufuhr kontinentaler Luftmassen Südosteuropa. In Westeuropa wird es wohl ums Mittel herum dümpeln, wobei eine leicht negative Abweichung vor allem dort erwartet wird, wo auch viel Niederschlag fällt und entsprechend selten die Sonne scheint – also eher nicht ein Ergebnis von unterkühlten Luftmassen aus nördlichen Gefilden, diese ziehen nämlich eher von Grönland in Richtung westlicher Nordatlantik.
Der Hochdruckeinfluss über Osteuropa lässt dort nur wenig Regen fallen, die Wirkung soll bis nach Südschweden und auch föhnbedingt bis ins östliche Alpenvorland reichen. Etwas bis regional deutlich zu nass werden Westeuropa und die Alpensüdseite gerechnet, während die Verteilung vor allem im westlichen Mittelmeerraum eher zufällig erscheint und nicht zu ernst genommen werden sollte.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Häufiger Gegenwind und zahlreiche Niederschlagstage erschweren den Vögeln den Zug nach Süden, der mehrheitlich im Tiefflug absolviert werden muss. Ausgeprägte Zugstaus auf der Alpennordseite und in inneralpinen Tälern sind vorprogrammiert. Schneefälle bis in mittlere Lagen bzw. in höhere Alpentäler sind als Folge von starker Niederschlagsabkühlung möglich, aber aufgrund der permanenten Zufuhr warmer Luftmassen nicht nachhaltig, somit sind Winterfluchten von Gebirgsvögeln in tiefere Lagen auch nur eine kurzfristige Erscheinung.

Prognostizierte Abweichung der Monatsmitteltemperatur 2 m über Boden gegenüber der Klimanorm 1981-2010

Prognostizierte Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1981-2010
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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