Es will immer noch nicht so recht klappen mit der Erholung des Polarwirbels und somit der Westwindzirkulation. Zwar läuft es im Bereich von Kanada bis auf den Nordatlantik recht gut an, sobald es aber nach Europa reingehen soll, geht dem Jetstream meist die Puste aus oder er macht gleich den Elchtest. Durchgreifende Westwindlagen sind immer nur von kurzer Dauer, wie der September gezeigt hat. An diesem Muster scheint sich vorerst nicht viel ändern zu wollen. Das Zirkulationsmuster ist überwiegend gemischt, was abwechselnd kühle Luftmassen aus nordwestlicher Richtung bringt, dann wieder Hochdrucklagen oder kurze Vorderseiten mit sehr warmer Luft aus südwestlicher Richtung.

Dieser Monat wird immer wieder Gelegenheit für ein Sonnenbad bieten (Stockenten an der Aare bei Bern, Oktober 2015)
Man darf in den Übergangsjahreszeiten nie vergessen, einleitend die grosse Unsicherheit der Prognose zu erwähnen. So ist es auch im Oktober 2018: In den letzten Tagen hat das Langfristmodell CFS konstanten Hochdruck im Bereich der Britischen Inseln gerechnet, was Europa überwiegend Nordwest- und Nordlagen und somit einen verbreitet recht kühlen Oktober bescheren würde. Der neueste Trend zeigt nun aber, dass sich auch über Nordosteuropa wieder vermehrt Hochdruck installieren soll. Zwischen den beiden Druckzentren soll sich immer wieder eine Hochdruckbrücke aufbauen. Diese ist zwar brüchig und lässt gelegentlich Tiefs über Mitteleuropa hinweg nach Süden abtropfen. Da der Trend noch nicht gefestigt ist, ist eine Prognose auf dieser Basis gewagt und die Variante der Nord- bis Nordwestlagen noch nicht ganz vom Tisch. Wagen müssen wir es aber trotzdem:
Nebst der bereits erwähnten positiven Hochdruckanomalie eines etwas nach Nordosten verschobenen Azorenhochs mit einer Brücke über das nördliche Mitteleuropa hinweg nach Nordosteuropa, ist die markanteste Auffälligkeit des gewählten Modelllaufs eine starke negative Druckanomalie, die sich mit Zentrum an der Südspitze Grönlands über Island hinweg bis ins europäische Nordmeer erstreckt. Ebenfalls häufig tiefdruckbestimmt ist der Mittelmeerraum über Südosteuropa hinweg bis zum Schwarzen Meer. Diese Konstellation bringt häufige Wechsel der Grosswetterlagen, am häufigsten auftreten dürften Nordwest- und Hochdrucklagen, unterbrochen von kurzen West-, Südwest- bis Südlagen, aber auch kurzen Nordlagen wie z.B. Trog Mitteleuropa. Wenig Chancen haben in diesem Gefüge Ostlagen.
Die Temperaturkarte zeigt ein relativ unauffälliges, nur leicht in den kühlen Bereich tendierendes Mitteleuropa. Hier wird es im Detail wohl davon abhängen, wie viel Hochdruckwetter und somit Inversionslagen es geben wird. Der Oktober ist diesbezüglich immer schwierig einzuschätzen, weil sich der Nebel vor allem in der ersten Monatshälfte oft noch aufzulösen vermag. Da von wenigen Ostlagen ausgegangen wird, stehen die Nebelauflösungschancen wohl besser als im langjährigen Schnitt. Mit überdurchschnittlicher Sonnenscheindauer dürfte somit die in der Karte gezeigte leicht negative Temperaturanomalie in den Tieflagen wohl ins Gegenteil kippen. Deutlich unterkühlt wird der Oktober 2018 in Süd- und Südosteuropa gerechnet, allerdings scheint hier eine gewisse Übertreibung durchaus möglich.
Unter dem Hochdruckgürtel von West- über Mittel- bis Nordosteuropa wird der Oktober trockener als im langjährigen Schnitt – ausgerechnet in jener Region, welche bereits ein extrem trockenes Sommerhalbjahr hinter sich hat. Der Mittelmeerraum wird unter häufigem Tiefdruckeinfluss überdurchschnittlich viele Niederschläge einfangen, hier ist aufgrund der noch sehr hohen Wassertemperaturen und der zeitweise aus Norden abtropfenden Höhenkaltluft wohl mit regional heftigen Unwettern zu rechnen. Die feuchte Westwindzone (diesmal eher eine Südwestwindzone) ist als rotes Band über dem Atlantik gut zu erkennen, sie erreicht aber offenbar das europäische Festland nur selten. Auf der Vorderseite des Tiefs wird warm-feuchte Luft über Island an die Ostküste Grönlands geführt. Das erinnert stark an die Situation vor zwei Jahren, wo wiederholt Reste tropischer Stürme bis in diese Region vordringen konnten und Rekordniederschläge brachten.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Die seichten Gewässer Mitteleuropas werden sich offenbar in dieser Zugsaison nicht mehr auffüllen. Viele Flüsse und Seen führen immer noch extremes Niedrigwasser, was zumindest stellenweise gute Rastplätze (wenn auch nicht unbedingt ertragreiche Nahrungsplätze) für Limikolen bietet. Da sich Hochdruckphasen mit Tiefdruckphasen wohl recht regelmässig abwechseln, ist immer wieder mit Zugstau zu rechnen. In den Alpen sind Schneefälle bis in mittlere Lagen zu erwarten, aufgrund der höhenwarmen Hochdruckphasen dazwischen handelt es sich dabei allerdings nicht um nachhaltige Wintereinbrüche. Fluchten von Bergvögeln in die Täler dürften daher wohl vorerst nur vereinzelt und vorübergehend auftreten.

Prognostizierte Abweichung der Monatsmitteltemperatur gegenüber der Klimanorm 1981-2010

Prognostizierte Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1981-2010 (rot = nasser, blau = trockener als normal)
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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