Der richtig prognostizierte warme September ist kein Grund, in Übermut zu verfallen. Die Beispiele, wo in jüngerer Vergangenheit auf einen sehr warmen September ein kühler Oktober folgte, sind in der Überzahl (2009, 1999, 1991, 1975, 1947). Demgegenüber sind warme Oktobermonate nach einem sehr warmen September die Ausnahme (2006, 1961). Allerdings ist die Fallzahl zu klein, um eine verlässliche Regel daraus ableiten zu können. Und auch die Langfristmodelle bekunden derzeit etwas Mühe, eine einheitliche Linie zu finden. Mitverantwortlich dafür könnte sein, dass sich die Hurrikan-Saison momentan recht aktiv präsentiert. Also muss wohl einmal mehr das Bauchgefühl (etwas positiver: Erfahrung) der Meteorologin herhalten.
Die meisten Läufe des Langfristmodells CFS sehen momentan einen Trend zu sich eintrogenden Atlantiktiefs, welche das Azorenhoch nach Nordosten verdrängen. Dieses wirkt als mächtiger Rücken, der sich von der Iberischen Halbinsel über die Britischen Inseln bis Skandinavien aufwölben soll, und blockiert die atlantische Westwinddrift. Gleichzeitig öffnet es jedoch an seiner Ostflanke Tür und Tor für Kaltluftausbrüche nach Süden. Der von uns ausgewählte Lauf sieht West- und Mitteleuropa noch mehrheitlich unter Hochdruckeinfluss, das Zentrum der Tiefdruckaktivität liegt über Südosteuropa. Es gibt allerdings auch einige Läufe, welche die Tiefs etwas weiter westlich sehen, somit Mitteleuropa stärker beeinflussen. Da sich diese Szenarien in der Minderheit befinden, haben wir uns für die etwas freundlichere Variante entschieden. Der Gradient über Mitteleuropa ist allerdings scharf, sodass geringe Verschiebungen erhebliche Unterschiede ausmachen können, wie der Monat bei uns wahrgenommen wird.
Dieser Gradient betrifft in erster Linie die Monatsmitteltemperatur, welche für Osteuropa einen deutlich zu kühlen Oktober vorsieht, während der Hochdruckeinfluss über Westeuropa einen leicht wärmeren Oktober als im langjährigen Mittel bescheren soll. Die Grenze zwischen positiver und negativer Abweichung dürfte irgendwo über Mitteleuropa zu liegen kommen. Entscheidend wird dabei auch sein, wie viel Feuchtigkeit bei den vorherrschenden Nord- bis Ostlagen herantransportiert wird. Hartnäckiger Hochnebel wird einem zu kühlen Oktober Vorschub leisten, während bei trockeneren Luftmassen im Oktober immerhin noch Chancen für sonnige und warme Nachmittage bestehen. Klare Nächte führen bei dieser Konstellation hingegen zu verbreitet frühen Nachtfrösten.
Weite Teile West- und Mitteleuropas werden bei dieser Konstellation einen eher niederschlagsarmen Oktober erleben. Der Tiefdruckeinfluss sorgt für nasse Verhältnisse in Südosteuropa, wobei um das Tief herumgeholte feuchte Mittelmeer- bzw. Schwarzmeerluft zeitweise bis nach Mitteleuropa vordringen kann. Die Gewittersaison im Mittelmeerraum sieht nach heutigem Trend nicht dramatisch aus. Etwas erhöht dürfte die Aktivität in den östlichen Regionen sein, wo die Höhenkaltluft für labile Verhältnisse über dem noch warmen Wasser sorgt. In Nordrussland dürfte sich wiederum recht früh eine beständige Schneedecke bilden.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Je nach Stärke und Beständigkeit der absehbaren Ostlage können im Oktober asiatische Vögel auf dem Herbstzug nach Westen verdriftet werden. Es wird sich also lohnen, vermehrt Ausschau nach östlichen Irrgästen zu halten. Sollte sich die Theorie mit einer frühen Schneelage in Nordrussland bewahrheiten, ist mit starken und relativ frühen Winterfluchten aus diesen Gebieten zu rechnen. Wilde Spekulationen über einen harten Winter in Europa werden somit wie schon im Vorjahr bald wieder ins Kraut schiessen.
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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