Jährlich grüsst das Murmeltier – und vergräbt sich in den Winterschlaf. Danach nimmt das Unvermeidliche seinen Lauf: Der Herbst – insbesondere der November – wartet mit einer blockierten Zirkulation auf. Der Atlantik meldet sich ab (falls nicht in dieser extrem aktiven Hurrikansaison noch ein Nachzügler Unruhe reinbringt), und stabile Hochdrucklagen werden häufiger. Was allerdings zu diesem späten Zeitpunkt bedeutet, dass die Höhenwärme, die in den Bergen für den Martinisommer sorgt, nur noch selten am Boden ankommt. Aus diesem Grund stellen wir bei den Karten von November bis März auf die Darstellung der Temperaturen in 2 m Höhe um, sie können nämlich erheblich von den Berechnungen in der Höhe abweichen.

Sperber – natürlich im Gegenlicht der tief stehenden Novembersonne. Andersrum hätte er sich wohl längst vertschüsst (Wien, 28.11.2007)
Nach dem über weite Strecken tiefdruckbestimmten Oktober hat sich in den letzten Tagen eine allmähliche Umstellung angedeutet, die sich in der Kurzfrist weiter manifestieren soll. Der Atlantik schläft allmählich ein und über Europa stellt sich immer häufiger Hochdruck ein – was nun allerdings nicht bedeuten muss, dass dieser permanent anhält. Aber wesentlich ruhiger und trockener als im Vormonat wird die Witterung zumindest in der ersten Monatshälfte und im Alpenraum schon. Je weiter nördlich, umso häufiger ist der Einfluss atlantischer Luftmassen, die den Weg über Skandinavien suchen.
Wir haben uns aus dem reichhaltigen Menü des Langfristmodells (bedeutet: die zweite Monatshälfte wird unsicher!) einen Lauf ausgesucht, der eine deutliche und umfangreiche Hochdruckanomalie über dem zentralen Nordatlantik berechnet, die bis nach Mittel- und Südeuropa reicht. Gegenpart spielt eine gemässigte Tiefdruckanomalie über dem Nordmeer und Skandinavien. Die Westwinddrift zielt somit von Island über Norwegen nach Nordrussland und tangiert den Alpenraum nur noch selten. Weitere, eher schwache Tiefdruckanomalien werden im östlichen Mittelmeerraum und über den Kanaren gerechnet. Der Grosswetterlagenmix wird also ziemlich das Gegenteil von jenem im Oktober sein: Häufige Hochs oder zumindest Hochdruckbrücken über Mitteleuropa, aber auch Nord- bis Ostlagen werden wieder mehr zum Thema. Büxt doch mal ein Tief über östlichen Atlantik nach Süden aus (eine Schwächezone in der gerechneten Hochdruckbrücke deutet das an), stellt sich in den Alpen eine jahreszeittypische Südföhnlage ein – diese dürften aber weitaus weniger dominant auftreten als in den Novembern der letzten Jahre.
Temperaturmässig wird fast ganz Europa deutlich über dem langjährigen Schnitt liegen, am ausgeprägtesten Nordosteuropa. Hier macht sich die rekordtiefe Eisbedeckung der europäisch-asiatischen Arktis bemerkbar, während Nordamerika und Grönland stärker auskühlen – ein Muster, das sich in den letzten Jahren immer stärker ausgeprägt zeigt und wohl wieder wegweisend für den Winter werden dürfte – doch dazu bei anderer Gelegenheit mehr.
Weite Teile Mitteleuropas und vor allem der Alpenraum und die Alpensüdseite dürfen oder – je nach Sichtweise – müssen mit einem recht trockenen November rechnen. Wie das Modell anhand der Druckverteilung auf die leicht zu nassen Gebiete in Frankreich und im östlichen Mitteleuropa kommt, ist ein Rätsel. Hingegen erscheint das zu nasse Skandinavien logisch, allerdings müsste man eine stärkere Akzentuierung des Niederschlags auf die Westküste Norwegens erwarten – da es dort aber sowieso immer schüttet bzw. in höheren Lagen schneit, ist die Abweichung zur langjährigen Norm wohl nicht so ausgeprägt. Die Rechnungen des Modells lassen Unwetter im Nahen Osten und auf den Kanarischen Inseln erwarten.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Keine deutliche Abkühlung im Norden lässt auch noch keine Winterfluchten nordischer Arten nach Mitteleuropa erwarten. Bleibt es in den Alpen oft sonnig und trocken, dürfte der im Oktober gefallene Schnee bis weit hinauf wieder wegschmelzen, womit auch Beobachtungen von Bergvögeln in den Tälern wieder seltener werden. Der nasse Oktober hat dafür gesorgt, dass sich die Lage in den Feuchtgebieten für rastende Zugvögel verbessert hat. So lange kein Wintereinbruch bevorsteht, können also an eisfreien Gewässern noch lange Gänse und Limikolen beobachtet werden.

Prognostizierte Abweichung der Monatsmitteltemperatur gegenüber der Klimanorm 1981-2010

Prognostizierte Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1981-2010 (rot = trockener, blau = nasser als normal)
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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