Die Hurrikan-Saison neigt sich dem Ende zu, damit wird die Wetterküche Atlantik wieder etwas berechenbarer und somit steigen auch die Chancen, dass es mit der Monatsprognose wieder etwas besser klappt als zuletzt. Doch auch so können oft nur geringe Unterschiede von einigen 100 km bei der Hoch- und Tiefdruckverteilung auf Mitteleuropa einen riesigen Unterschied ausmachen. Wir befinden uns nun mal in einer Zone, wo Wetter immer für Überraschungen gut ist. Wäre alles bis aufs Detail vier Wochen im voraus klar, würde wohl so mancher Meteorologe seinen Beruf an den Nagel hängen, weil die Spannung wegfällt. Sind wir also dankbar, dass wir allmonatlich etwas spekulieren dürfen mit dem Hinweis, dass mit fortschreitendem Monatsverlauf die Unsicherheit zunimmt.
Das Langfristmodell CFS zeigt auch für den kommenden Monat recht viele verschiedene Varianten. Ein Muster wiederholt sich aber häufig, wenn auch mit Unterschieden in den Details. Der von uns herausgepickte Lauf zeigt ein etwas nach Norden verschobenes und deutlich stärkeres Azorenhoch als zu dieser Jahreszeit üblich. Eine zweite positive – wenn auch weniger ausgeprägte – Druckanomalie ist über Westrussland auszumachen. Die dazwischen liegende Hochdruckbrücke über Mitteleuropa hinweg zeigt je nach Lauf mehr oder weniger Schwäche, sodass wiederholt Tröge von der negativen Druckanomalie über dem Nordmeer nach Süden ausbrechen können. Die Häufigkeit dieser Trogaktivitäten, das Verhalten der daraus entstehenden Abtropftiefs im Mittelmeerraum und die Frage, wie schnell sich die Hochdruckbrücke jeweils erholen kann, ist entscheidend für unsere Novemberwitterung. Wir müssen also mit einem wechselhaften Monat rechnen, geprägt von jeweils ungefähr fünf bis acht Tagen dauernden Hoch- und Tiefdruckphasen. Entsprechend wird auch die Temperatur ein reges Auf und Ab veranstalten. In den kälteren Phasen sind Nachtfröste und Schneefälle bis ungefähr 500 m zu erwarten, in den wärmeren Phasen wird man vor allem in erhöhten Lagen viel Sonnenschein geniessen können, während sich in den Niederungen jahreszeitgemäss gerne Nebel und Hochnebel breit macht. Die häufigsten Grosswetterlagen sind West bis Nordwest, Trog West- bis Mitteleuropa sowie Brücke bis im günstigsten Fall auch mal Hoch Mitteleuropa. Kommt die Hochdruckbrücke nördlich zu liegen, kann sich vorübergehend auch mal für ein paar Tage eine Ostlage einstellen.
Die Temperaturkarte zeigt eine schwache negative Abweichung, welche von Island auf die Alpen gerichtet ist: eine Folge der angesprochenen Nordwestlagen. Skandinavien und Osteuropa sind unter den häufigen Vorderseiten eher mild. Nach den Erfahrungen der letzten Monate kann man davon ausgehen, dass der Betrag der negativen Abweichung zu stark gerechnet wird, für Mitteleuropa könnte also durchaus ein durchschnittlicher November resultieren. Diesen Klimawandel-Aufschlag müssen wir bei Hauptanströmung aus West bis Nord nun wohl dauerhaft im Kopf haben, bis das Langfristmodell sich den neuen Gegebenheiten anpasst.
Die Karte mit dem relativ trockenen Mitteleuropa deutet darauf hin, dass die durch die Trogaktivitäten verursachten Niederschlagsphasen jeweils von recht kurzer Dauer sein dürften und sich dahinter jeweils rasch wieder ruhiges Nebelwetter einstellt. Die abgetropften Tiefs sollen sich hauptsächlich über dem Mittelmeer austoben. Da sich diese CutOff-Tiefs und Kaltlufttropfen aber in der Regel sehr eigenwillig verhalten, sollte man sich in Mitteleuropa – insbesondere auf der Alpensüdseite und am Alpenostrand – nicht allzusehr in Sicherheit wiegen. Nur ein einziges Vb-Tief ist in der Lage, die ganze schöne Prognose ordentlich über den Haufen zu werfen. Die Niederschlagskarte deutet so etwas auch ansatzweise an.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Der Vogelzug scheint sich wie bereits vor einem Monat erwartet in normalen Bahnen abzuwickeln, viele Wintergäste wie Bergfink und Erlenzeisig werden jetzt immer häufiger beobachtet. Derzeit sind vor allem die langen Kranichketten über Nord- und Westdeutschland auffällig. Starke Südwest- bis Südlagen führen jeweils dazu, dass dieser Zug im Windschatten der Alpen auch durch das Alpenvorland genommen wird, danach sieht es aber momentan eher nicht aus. Vielmehr dürfte bei Nordwestlagen der Zug aus den Rastgebieten in Ungarn nach Südwesten südlich des Alpenhauptkamms ein Thema werden. Nach wie vor spannend wird sein, wie sich der kalte Frühling und Frühsommer im Norden auf die Nahrungslage auswirkt und ob bald auch seltenere nordische Gäste in unsere Gefilde ausweichen. Dazu ist in diesem Jahr kein strenger Winter im Norden notwendig.
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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