Den ganzen Winter haben wir erwartet, dass die Westdrift vom Atlantik unser Wetter bestimmen wird. Immer wieder ist etwas dazwischen gekommen, haben Hochdruckgebiete über Europa die Tiefs abgeblockt (abgesehen von Anfang Dezember und zu Weihnachten). Es war immer eine Frage der Zeit, bis sich der Westwind Durchbruch verschafft. Nun, da der meteorologische Winter vorbei ist, ist es endlich so weit. Gerade noch rechtzeitig, bevor die Nordhemisphäre unter das im Frühling übliche meridionale Zirkulationsmuster gerät, melden sich die Westlagen zurück. Somit ist die Befürchtung vom Tisch, die nimmer enden wollenden Hochdrucklagen würden wie im letzten Jahr die nächste Dürreperiode einleiten.
Zurück zur Normalität also. “Endlich!”, ist die Meteorologin geneigt zu rufen. Doch halt, die Langfristmodelle machen nicht mit! Das Ensemble-Mittel der letzten zehn Tage zeigt für den März die Fortsetzung der Hochdrucklage und der Trockenheit der zweiten Februarhälfte. Und dies, obwohl die Modelle in der Mittelfrist volles Rohr Westlage und viel Niederschlag berechnen. Nur gerade zwei der letzten zwölf CFS-Läufe machen die Westlagen-Dominanz mit. Normalerweise müsste man diese mit Verachtung bestrafen, doch es fällt schwer, den Mittelfristprognosen für die erste Monatshälfte keinen Glauben zu schenken. Irgendwas ist faul an der ganzen Sache, und man kann nur rätseln, wohin die Reise geht. Vielleicht doch wieder Blockadelage in der zweiten Märzhälfte?
Wir haben uns also auf einen jener beiden Läufe gestürzt, welche zumindest ansatzweise das zeigen, was in der ersten Märzhälfte zu erwarten ist: Eine sich von der Südspitze Grönlands bis über ganz Nordeuropa hinweg erstreckende Tiefdruckanomalie steht einer Hochdruckanomalie gegenüber, die ganz Südwesteuropa (und gerade noch knapp den Alpenraum) sowie Nordwestafrika dominiert. Zwischen diesen beiden Druckzentren stellt sich eine kräftige Westströmung ein. Die Druckanomalien sind allerdings nicht derart stark berechnet, dass man nun mit durchgehenden Westlagen bis Ende März rechnen müsste. Glaubt man den aktuellen Mittelfristprognosen, ist die erste Monatshälfte von Westlagen geprägt. Was danach folgt, ist noch völlig offen. Eine Rückkehr zu überwiegend hochdruckgeprägtem Wetter scheint durchaus möglich, oder es stellt sich bereits die für April typische meridionale Zirkulation ein, wobei man so weit im voraus noch nicht wissen kann, ob wir auf die warme oder kalte Seite (Nord-, Süd- oder Ostlagen) geraten.
Die entsprechend gerechneten Temperaturanomalien zeigen ein im Schnitt um zwei Grad wärmeres Europa als im langjährigen Mittel 1981-2010, wobei die Abweichungen im Süden und Osten höher liegen dürften als in West- und Mitteleuropa. Der kleinen negativen Abweichung auf der Alpennordseite sollte man nicht allzu viel Bedeutung beimessen. Derzeit deutet wenig darauf hin, dass die kühlen Rückseiten der Westlagen-Phase dominanter sein sollten als die warmen Vorderseiten. Die leicht negative Anomalie im zentralen und östlichen Mittelmeerraum geben einen Hinweis darauf, dass gelegentlich Kaltluftausbrüche über Osteuropa hinweg zum östlichen Mittelmeer abtropfen.
Die Karte der Niederschlagsverteilung zeigt ein in weiten Teilen zu feuchtes Nord- und Mitteleuropa. Nach den aktuellen Mittelfristprognosen muss man davon ausgehen, dass die Niederschlagsmengen in der Langfristkarte sogar etwas unterschätzt werden. Wir rechnen recht flächig mit dem Erreichen des Monatssolls bereits zur Monatsmitte. Würde man der Karte Glauben schenken, müsste die zweite Monatshälfte fast komplett trocken bleiben – was wiederum nur mit der eingangs erwähnten Rückkehr einer stabilen Hochdrucklage möglich wäre. Die ebenfalls bereits erwähnten abgetropften Tiefs zeigen sich auch in einer Zone überdurchschnittlichen Niederschlags im Raum Griechenland-Türkei, während es vom Süden der Iberischen Halbinsel bis nach Italien nach diesem Szenario den ganzen Monat über trocken bleiben könnte.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Zusammengefasst sieht es nach einem normalen, Westwind-geprägten März aus, allerdings auf etwa 2-3 Grad höherem Niveau als noch vor 30 bis 50 Jahren. Das schliesst kurze Kälterückfälle mit Schneefall bis in tiefe Lagen nicht aus, auf einem strengen Märzwinter deutet hingegen nichts hin. Das sind gute Nachrichten für alle Zugvögel, die bereits während der milden Hochdruckperiode der zweiten Februarhälfte zurückgekehrt sind. Die Hochdruckdominanz in Südwesteuropa kombiniert mit den Westlagen dürfte dazu führen, dass Südwestzieher in diesem Jahr etwas früher zurückkehren als üblich, während die Südostzieher noch etwas häufiger ausgebremst werden.
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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Kurt Nadler am 9. März 2019 um 20:32 Uhr
liebe fabienne
saison- und sogar monatsprognosen sind schwer. no na.
heurigen winter hats die zamg geschafft, einen meist unterdurchschnittlichen winter zu prophezeien, auch wenn sich die einzelmonatsprognosen immer wieder geändert haben. diese prognosen kommen immer wieder wie kaffesudleserei, obwohl sie sicherlich auf irgendwelchen fakten und mustern beruhen.
unter https://www.zamg.ac.at/cms/de/wetter/produkte-und-services/saisonprognose findest du noch immer einen “untertemperierten” februar und eine kühle märzansage. auch das wird nix mehr, wenn man die auch für laien greifbaren 14-tagestrends sichtet und vergleicht; ein unterdurchschnittlicher märz geht sich für österreich nimmer aus. (siehe auch https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/klima-aktuell/klimamonitoring/?station=7704¶m=t&period=period-y-2019&ref=3)
als hobby-toppflanzengärtner brauch ichs für die pannonischen gunstlagen im ortsbereich fortan frostfrei, denn es ist vieles schon draußen (am 5.3,2018 war dagegen noch eislaufen am neusiedler see angesagt), und der letzte (kurze) kaltlufteinbruch am vorletzten wochenende zwischen den februar-warmtagen war drastisch. da musste man sogar um die oleander fürchten.
herzliche grüße
kurt