Nachdem uns ein SSW (= sudden stratospheric warming, wobei das Wörtchen “sudden” auf die Unprognostizierbarkeit im Langfristbereich hinweist) unsere schöne Februar-Prognose zum Monatsende noch so richtig in den Kakao gezogen hat, normalisiert sich jetzt der Polarwirbel allmählich wieder und die Zonalwindumkehr (Ost- statt Westwinde) in unseren Breiten findet ein Ende. Das macht Mut, dass es für den März mit der Prognosegüte wieder besser bestellt sein dürfte, zumal sich die Langfristmodelle bezüglich des grossräumigen Musters so einig sind wie selten. Ein typischer März steht an, also ein Übergangsmonat zwischen Winter und Frühling mit allen Facetten und der Launenhaftigkeit, die mit dem Kampf zwischen kalten Luftmassen im Norden und milden im Süden einhergeht. Eins ist schon mal sicher: So warm wie der letztjährige März wird die Ausgabe 2018 in Mitteleuropa mit Sicherheit nicht.

Immer wieder eine Freude: die Ankunft der Störche (Berner Mittelland, März 2017)
Das Langfristmodell CFS bietet in den Läufen der letzten drei Tage nur ein einziges Muster an: Eine ausgeprägte positive Druckanomalie über dem gesamten Norden mit einem Maximum zwischen Grönland und Island sowie einer vom mittleren Atlantik über die Südhälfte Europas bis nach Südrussland reichende negative Druckanomalie. Ein Kinderspiel, aus diesem Angebot eine Monatsprognose zu zimmern, könnte man meinen. Doch die Läufe unterscheiden sich im Detail durchaus: Mal verläuft die Tiefdruckrinne ein wenig südlicher, was der Kaltluft aus Norden mehr Raum bei uns gibt, mal nördlicher mit entsprechend mehr Wärme aus Süden. Mal liegt der Schwerpunkt der Tiefdrucktätigkeit auf dem Atlantik, was bei uns eher einen trockenen Monat verspricht, mal liegt er über Westeuropa, was bei uns deutlich mehr Niederschläge bedeutet.
Der Kampf des Frühlings mit dem Winter findet also ganz märztypisch direkt über unsren Köpfen statt, was bedeutet dass alles am seidenen Faden hängt. In solchen Situationen wäre es vermessen, sich für eine milde/kalte/trockene/feuchte Variante zu entscheiden: Es wäre schlicht ein Raten ins blaue Band des Frühlings hinaus. Man pickt sich in diesem Fall ein mittleres Szenario heraus in der Hoffnung, dass sich die unwahrscheinlicheren extremen Varianten bitte zurückhalten mögen. Der Hinweis, dass es nur wenig braucht, um die in den Karten gezeigten Temperatur- und Niederschlagszonen um einige hundert Kilometer zu verschieben, sei hier vorsorglich noch mal deutlich erwähnt. Das Druckmuster weist auf eine deutlich nach Süden verschobene Frontalzone hin, wie sie zum Ende des Winters nicht selten auftritt. Daraus entwickeln sich gerne südliche Westlagen, über Mittelereuropa hinweg ziehende Tiefdruckgebiete, auf deren Vorderseiten Südost- bis Südlagen und auf den Rückseiten Nord- bis Ostlagen.
Entsprechend wird der weiterhin in einer Ostströmung verharrende Norden Europas, insbesondere Skandinavien und Nordosteuropa, einen deutlich zu kalten März erleben. In Südeuropa ist mit einem moderaten bis deutlichen Wärmeüberschuss zu rechnen, was einen relativ scharfen, durch Mitteleuropa hindurch verlaufenden Gradienten zur Folge hat. Vermutlich werden weite Teile Mitteleuropas bei munterem Auf und Ab der Temperaturen zum Schluss ungefähr im langjährigen Mittel landen, am Alpennordrand dürfte aufgrund von einigen Südföhnlagen ein leichtes Plus resultieren.
Die südlich verlaufenden Tiefs verschonen den Norden, wo der März 2018 eher auf der trockenen Seite landet. Deutlich zu nass wird der Monat in Südwest- und Westeuropa sowie staulagenbedingt auf der Alpensüdseite. In Mitteleuropa hängt viel von der oben beschriebenen Zugbahn der Tiefs ab, wir haben uns hier für eine ungefähr durchschnittlich nasse bis (wiederum föhnbedingt) leicht zu trockene Variante entschieden.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Nach dem eisigen Februar-Ende haben sich etliche nordische Arten nach Mitteleuropa vorgewagt, was sich etwa an einer neuerlichen Zunahme von Seidenschwanz- und Schneeammern-Beobachtungen zeigt. In den ersten Märztagen sollte man also die Gelegenheit nutzen, noch mal Ausschau nach diesen seltenen Gästen zu halten, bevor sie sich mit der Normalisierung der Temperaturen wieder zurückziehen. Im südlichen Mitteleuropa dürften die Auswirkungen der Kältewelle wie etwa zugefrorene Gewässer mit einem deutlichen Tauwetter bald Geschichte sein. Mit der Zufuhr milder Luftmassen aus südlichen Gefilden wird wohl bald auch eine erste massive Zugwelle über uns kommen. Die zähe Kaltluft im Norden dürfte dafür sorgen, dass es in Mitteleuropa zu Zugstau und gut gefüllten Rastplätzen in den klimatisch begünstigten Regionen kommt. Ein reges Hin- und Herpendeln aufgrund von sich abwechselnden milden Witterungsphasen und Kälterückfällen ist wahrscheinlich.

Prognostizierte Abweichung der Monatsmitteltemperatur gegenüber der Klimanorm 1981-2010

Prognostizierte Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1981-2010 (rot = nasser, blau = trockener als normal)
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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Kurt Nadler am 2. März 2018 um 15:06 Uhr
danke, fabienne
die stare sind im nordburgenland seit mindestens 27.2. fleißig unterwegs und harren der kältewelle.
am eislauffähigen neusiedler see kann man auch gut baden gehen, er hat viele löcher, no na, aber auch versteckte (böse!) dünneisstellen. die gansln freun die löcher.
beste grüße
kurt