“Endlich Sommer!” ist man angesichts des vermurksten zurückliegenden Frühlings versucht zu rufen, denn ein Neuanfang scheint dringend nötig. Ob es dann gleich wieder eine derart eingefahrene und blockierte Situation sein muss und wochenlang kein Regen fällt – nun ja, wir müssen uns an diese zeitlich und räumlich ungerechte Verteilung der Niederschläge gewöhnen, das bringt die Veränderung der Druckkonstellationen als Folge der Zirkulationsverschiebungen nun mal mit sich. Die Frage stellt sich also diesmal: Wie lange hält die aktuelle Wetterlage noch an und ab wann kann man mit einer Umstellung rechnen und vor allem: Wie sieht diese aus?
Persistenz ist als das Schlagwort der Stunde. War über weite Strecken des Frühlings ein Blockadehoch über Nordosteuropa mit Tiefdruck in Mittel- und Südeuropa für unser Wetter verantwortlich, übernimmt dies nun ein Blockadehoch im Raum Britische Inseln und Nordmeer. Der Unterschied der Auswirkungen bei uns ist marginal, es überwiegen trockene östliche bis nördliche Strömungen und der Tiefdruckeinfluss aus Süden endet meist an den Alpen. Seit einigen Tagen deuten die Langfristmodelle aber einen Trend ab Mitte Juni an, dass Anströmungen aus dem Südsektor übernehmen könnten. Wie das dann im Detail aussieht, ist naturgemäss über diesen weiten Prognosehorizont noch offen, man kann das aber schon mal grob in die Monatsaussichten aufnehmen.
Der herausgepickte CFS-Lauf ist gut eingebettet in eine Serie von Läufen mit ähnlicher Konstellation, erst der allerletzte Lauf (31.05., 18z) weicht wieder etwas davon ab bzw. zentriert das Hoch dann gleich nach Mitteleuropa – jetzt auf diese neue Variante zu setzen, erscheint dann doch etwas riskant. Wir gehen also von einer Hochdruckanomalie aus, die sich von Südgrönland über die Nordsee und Mitteleuropa bis in den Nahen Osten erstreckt, wobei der Schwerpunkt zunächst vor allem im Seegebiet südlich von Grönland und Island liegt. Über dem Kontinent ist die Hochdruckbrücke nur schwach ausgeprägt und somit störungsanfällig, vor allem durch Austrogungen über Osteuropa. Eine ausgeprägte negative Druckanomalie nistet sich über den Azoren ein und erstreckt sich in abgeschwächter Form bis in den Mittelmeerraum. Insgesamt deutet sich an, dass wir auf einen zweigeteilten Monat mit völlig unterschiedlichen Charakteren zusteuern.
Über den gesamten Monat gemittelt trennt eine positive Temperaturanomalie quer durch Europa hinweg die negativen Anomalien in Nordeuropa und im Raum Azoren-Iberische Halbinsel-Nordwestafrika voneinander. Die positive Abweichung von 2-3 Grad in West- und Mitteleuropa wird in der ersten Monatshälfte vor allem durch Absinken und Erwärmung der Luftmasse im Hochdruckgebiet und durch hohe Sonneneinstrahlung erzeugt (was an der Nordsee naturgemäss weniger effektiv geschieht als im nördlichen Alpenvorland), es herrschen starke Tagesgänge mit eher kühlen Nächten und sehr warmen Tagen vor. In der zweiten Monatshälfte dürfte die Zufuhr warmer Luftmassen aus dem Sektor Südost bis Südwest diese Aufgabe übernehmen. Dazwischen besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich auch mal der eine oder andere Kaltlufttropfen von Skandinavien über Osteuropa nach Mitteleuropa verirrt, was dann wohl als Mini-Schafskälte interpretiert werden kann.
Beim Niederschlag scheint recht klar, dass alles nördlich der Alpen, besonders rund um die Nordsee, recht trocken bleibt – mal abgesehen von zufälligen lokalen Gewittertreffern vor allem in der Nähe von Mittelgebirgen. Der Alpenraum wird ungefähr normal nass gerechnet, was im Juni reichliche Niederschläge bedeutet, gehört dieser Monat doch in den meisten Regionen in Alpennähe zu den nassesten des Jahres. Aussergewöhnlich nass werden weite Teile Südeuropas gerechnet, wobei die Abweichungen in einem normalerweise trockenen Sommermonat dramatischer aussehen als sie in Wirklichkeit sind und bereits von einem einzigen Gewitter erzielt werden können. Ergiebig bis unwetterartig dürften die Niederschläge eher nur in den Gebirgsregionen ausfallen (Nordspanien, Südalpen, Apennin, Balkangebirge, Südkarpaten).
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Auch der Juni wird an der teils dramatischen Trockenheitssituation in weiten Teilen des Flachlands Mittel- und Osteuropas nichts ändern. Entsprechend gestaltet sich die Brutsaison für Vögel der Feuchtgebiete hier schwierig bis unmöglich – sei es, weil flache Gewässer ausgetrocknet sind und gar keine Brutmöglichkeiten mehr bieten, oder weil die Nester bodenbrütender Arten und Schlafplätze für Prädatoren einfach zugänglich sind. In Alpennähe sieht die Situation nach dem nassen Frühling besser aus, hier wird man vielleicht noch froh sein, wenn bei Gewittern nicht zusätzlich noch viel Schmelzwasser in die Abflüsse gelangt. Auch Insektenjäger sind froh über die trockene Phase, allzu lange sollte diese allerdings auch nicht dauern, sonst kippt der aktuelle Vorteil rasch wieder ins Gegenteil. Was uns zur Binsenweisheit führt, dass Niederschläge eben zeitlich regelmässig verteilt sein sollten, um der Natur dienlich sein zu können.
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
Finden Sie die Prognosen und Artikel von orniwetter.info nützlich und möchten sie nicht mehr missen? Da die Schaltung von aufdringlicher Werbung nicht nur viele Leser verärgert, sondern bei einer relativ wenig frequentierten Seite auch finanziell kaum etwas bringt, ist orniwetter.info als gemeinnütziges Projekt eines Kleinstunternehmens in einem schwierigen Marktumfeld auf freiwillige Unterstützung dringend angewiesen. Ohne die Entwicklung eigener Prognosekarten, finanziert durch die treue Leserschaft dieser Seite, wäre das Projekt im Frühling 2021 nach dem Verlust der Karten bei meteociel.fr gestorben. Über den PayPal-Spendenbutton können auch Sie unkompliziert die Wertschätzung für diese Arbeit zum Ausdruck bringen und sichern somit den Fortbestand dieses kostenlosen Angebots. Ganz herzlichen Dank!
Noch besser, weil für die Empfängerin spesenfrei, sind direkte Einzahlungen auf eines der angegebenen Konten unter den Kontaktdaten.
Spendenbarometer (orniwetter + fotometeo zusammen, Erklärungen dazu hier):
Rainer Kirmse , Altenburg am 4. Juni 2023 um 17:54 Uhr
WETTERAUSSICHTEN
Tornados, Hitze, Wassernot,
Feuer wüten in Wald und Flur.
Das Wetter gerät aus dem Lot,
Klimawandel zieht seine Spur.
Wir sollten uns Sorgen machen,
und nicht über Greta lachen.😉
Ob im Osten oder im Westen,
mit dem Wetter steht’s nicht zum Besten.
Die Sommer werden brütend heiß,
im Winter fehlen Schnee und Eis.
Azorenhoch und Islandtief
waren noch nie so intensiv.
Von Meck-Pomm bis runter nach Baden,
die Sonne wird uns alle braten.
Die Omega-Wetterlage
macht Sommertage zur Plage.
Es bremst kein Emissionshandel
den weltweiten Klimawandel.
Nicht ewiges Wachstum und Geld,
Nachhaltigkeit rettet die Welt.
Statt nur nach Profit zu streben,
im Einklang mit der Natur leben.
Wir alle stehen in der Pflicht,
Enthaltsamkeit ist kein Verzicht.
Rainer Kirmse , Altenburg
Herzliche Grüße aus Thüringen