Der Juni ist zwar in der Meteorologie ein Sommermonat, doch häufig handelt es sich dabei witterungsmässig um einen Frühlingsmonat auf temperaturmässig höherem Niveau. Zurückzuführen ist dies auf den Umstand, dass sich im Juni in der Regel das Zirkulationsmuster des Frühlings mit starken Temperaturschwankungen als Folge eines Wechsels zwischen südlicher und nördlicher Anströmung noch fortsetzt. Nach dem heftigen Auf und Ab der letzten Wochen erwarten wir daher auch im Juni noch eine ordentliche Achterbahnfahrt, bevor sich zum Siebenschläfer-Zeitraum Ende Juni bis Anfang Juli die Sommerzirkulation mit ausgeglicheneren Phasen einstellen sollte.
Der Fortsetzung des seit Monaten herrschenden gemischten bis meridionalen Zirkulationsmusters will auch das Langfristmodell CFS noch nichts entgegensetzen. Die steuernden Hochs und Tiefs bewegen sich weiterhin nur langsam bzw. regenerieren sich immer wieder an ungefähr derselben Stelle. Die meisten Läufe gehen davon aus, dass sich über dem zentralen Nordatlantik eine Tiefdruckanomalie einnistet, eine zweite soll sich im Raum Nordwestrussland etablieren. Dazwischen eingeklemmt erstreckt sich eine Zone überdurchschnittlichen Drucks über fast den gesamten europäischen Kontinent, wobei das Zentrum in dem von uns bevorzugten Lauf genau über Mitteleuropa zu liegen kommt. Dessen Stärke wird allerdings nicht derart gerechnet, dass nun der ganze Monat nur hochdruckbestimmt verlaufen soll, zwischenzeitliche Störungsphasen sind also durchaus zu erwarten. Die dominierenden Grosswetterlagen dürften sein: Hoch Mitteleuropa, Südwest bis Süd antizyklonal, unterbrochen von Phasen mit zyklonalem sowie westlichem bis nördlichem Einfluss.
In Mitteleuropa ist ein im Schnitt gegenüber dem langjährigen Mittel sehr warmer (im Juni darf man auch sagen: heisser) Monat zu erwarten. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass sich bereits zum Pfingstwochenende eine deutliche Abkühlung abzeichnet. Allerdings ist diese kühlere Phase nur kühl relativ zur davor sehr warmen Witterungsphase, im langjährigen Schnitt sinkt die Temperatur etwa auf jahreszeitliche Normwerte. Um die in unserem Lauf gezeigte Abweichung zu erreichen, muss also danach erneut eine sehr warme bis heisse Phase folgen. Die Karte zeigt auch eine deutlich zu kühle Region im Nordosten, dort haben bereits in den letzten Tagen und Wochen wiederholte Kaltluftausbrüche mehr an Winter als an Frühling erinnert.
Unter überwiegendem Hochdruckeinfluss wird der Juni in Mitteleuropa weiträumig trockener als im langjährigen Schnitt gerechnet. In den Alpen sowie wahrscheinlich auch in den Mittelgebirgen können Gewitter für lokale Niederschlagsüberschüsse sorgen. Auffällig ist die zu nasse Zone in weiten Teilen Westeuropas, hier sind häufige Trogvorderseiten (Süd- bis Südwestlagen) unter Einfluss des nahen Atlantiktiefs für teils ergiebige Gewitterregen verantwortlich. Spannend wird sein, wie sich die Anomalie im östlichen Mittelmeerraum manifestieren wird. In statistisch trockenen Sommermonaten können dort bereits wenige, aber kräftige Gewitter für ein deutliches Niederschlagsplus sorgen. Die gleichzeitige Kälte- und Tiefdruckanomalie ist in dieser Region aber eher ein Hinweis auf eine länger anhaltende Schlechtwetterphase.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Nach den teils verheerenden Kälteeinbrüchen zwischen Mitte April und Mitte Mai ist die aktuelle und bevorstehende warme und eher trockene Phase wichtig für alle Vögel, welche ihre erste Brut verloren haben und nun das Nachgelege aufziehen. Der spät gefallene Schnee ist inzwischen auch kein Thema mehr, die Wärme von Ende Mai hat im Gebirge inzwischen den Normalzustand hergestellt. Erneute Schneefälle bis in mittlere Lagen sind zwar in der ersten Junihälfte nicht auszuschliessen, sollten aber im normalen Rahmen bleiben und rasch wieder wegschmelzen, sodass die Brutsaison der Gebirgsvögel normal anlaufen kann. Hochwasser dürften nur sehr lokal nach Gewittern auftreten. Schon eher ein Thema ist die aufsummierte Trockenheit der letzten Monate in weiten Teilen Mitteleuropas, welche sich bei einer längeren Hitzewelle an seichten Binnengewässern zu einem Problem für die frisch geschlüpften Wat- und Schwimmvögel entwickeln könnte. Etwas Sorgen machen muss man sich um die Brut der nordischen Vögel von Nordskandinavien bis Nordwestrussland, hier ist noch bis weit in den Juni hinein mit wiederholten Frösten und Schneefällen zu rechnen.
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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