In unserer Winterprognose haben wir es vorweg genommen: Das wird nix. Der Dezember hat sich schon mal daran gehalten, er schliesst vielerorts mit einem November-Mittel nach Klimanorm 1961-90 ab. Da sich die nordhemisphärische Zirkulation im Winter nur durch starke Impulse aus der Stratosphäre durcheinander bringen lässt (die zum jetzigen Zeitpunkt auch in den endmittelfristigen Prognosen nicht zu erkennen sind), werden wir uns auch bis auf weiteres mit Spätherbst zufrieden geben müssen. Vielleicht sogar, bis der Vorfrühling Einzug hält?

“Fusskalt” nennen wir Meteorologen die winterlichen Hochdrucklagen. Glücklich, wer eine warme Unterlage findet wie diese Lachmöwe (Wien, Januar 2009)
Die Langfristmodelle machen es uns schon mal leicht: Von den letzten 12 Einzelläufen tanzen nur gerade zwei aus der Reihe, die übrigen zeigen recht einhellig und nur mit leichten Positionsverschiebungen der grossen steuernden Druckzentren dasselbe Muster. Auf die Temperaturverteilung in Europa haben diese Unterschiede nur am Rande Auswirkungen. Am unsichersten ist noch die Niederschlagsverteilung, je nachdem wo und wie vital die Störungen am Rand des Hochs durchziehen werden. Wir haben uns mal für folgende Variante entschieden:
Auf dem zentralen Nordatlantik trogen die Tiefdruckgebiete immer wieder aus, sodass über den Azoren eine deutliche negative Druckanomalie entsteht. Auf der Vorderseite dieser Tröge kann sich immer wieder Hochdruck über Europa aufbauen. Das Zentrum der stärksten positiven Abweichung findet man über der Westhälfte des Kontinents, dabei erstreckt sich diese geschlossen von Grönland bis nach Nordafrika. Die atlantische Westdrift wird somit über weite Strecken umgeleitet und erreicht mit einen weiten nördlichen Bogen über Skandinavien schliesslich abgeschwächt Osteuropa als Nordwestströmung. Die am häufigsten zu erwartenden Grosswettertypen sind somit Hochdruck über Mittel- und Westeuropa, sprich eher hochdruckbestimmte Nordwest- bis Nordlagen. Vielleicht kann sich zwischendurch mal eine schwache West- oder Südwestlage einstellen, sollte sich das Hoch schwerpunktmässig etwas nach Süden oder Südosten verlagern.
Die höchsten Temperaturabweichungen sind somit am Nordrand des Hochs zu erwarten, wo zwischenzeitlich atlantische Luftmassen hingelangen: nämlich rund um die Nord- und Ostsee. Hinzu kommen deutlich positive Abweichungen in der Höhe, also in den Alpen und auf den Mittelgebirgen. Nach Westen zu ist unter dem Hochdruckgebiet mit fusskalten Verhältnissen, sprich Inversionen zu rechnen, sodass die Abweichungen zum langjährigen Mittel in den Niederungen nur gering ausfallen. Ob sich wie in der Karte gezeigt sogar ein leichtes Minus über Teilen Westeuropas einstellen kann, wird sich weisen müssen – ohne Schneedecke wird es damit vermutlich schwierig. Die Abweichungen in den Niederungen Mitteleuropas sind davon abhängig, wie oft der Wind durch Störungen am Rand des Hochs die Grundschicht aufmischen kann.
In weiten Teilen Mittel- und Westeuropas bleibt es über weite Strecken des Monats trocken, es werden höchstens Spuren von Niederschlag gezeigt, die sich am ehesten noch an den Nordflanken der Gebirge absetzen können. Wie oben erwähnt zieht das Westwindband über Skandinavien, entsprechend wird in Norwegen und im gebirgigen Teil Schwedens ein deutliches Niederschlagsplus gerechnet. Was das Skandengebirge nicht aus der Luft kämmt, erreicht in abgeschwächter Form Osteuropa. Auch am Südrand des Hochs ist mit überdurchschnittlichen Niederschlägen zu rechnen: Insbesondere im östlichen Mitteleuropa sowie von den Azoren bis zu den Kanaren, wo sich die atlantischen Tröge einnisten.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Die aussergewöhnlich milden Verhältnisse in Nord- und im nördlichen Mitteleuropa sind nicht gerade förderlich, was weite Wanderungen nordischer Arten betrifft. Ausser in Gebirgslagen und sehr weit weg in Russland liegt in Europa nirgends eine Schneedecke, sodass Vögel auch im Norden in der Regel genug Nahrung finden. Das wird sich mit den milden Verhältnissen der nächsten Wochen kaum ändern. Sollte sich das Hoch über Westeuropa so hartnäckig halten, dass seichte Gewässer im Landesinneren zufrieren können oder die Böden hart werden (Kahlfrost), ist möglicherweise sogar mit einem Umkehrzug von Kurz- und Mittelstreckenziehern nach Norden an die milde Nord- und Ostsee und an die grösseren Binnenseen zu rechnen.

Prognostizierte Abweichung der Monatsmitteltemperatur gegenüber der Klimanorm 1981-2010

Prognostizierte Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1981-2010 (rot = trockener, blau = nasser als normal)
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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