In den letzten drei Jahren war die Monatsprognose für den Januar jeweils sehr treffsicher. Zu verdanken hatten wir dies einer gesunden Westzirkulation auf dem Atlantik, die uns milde und feuchte Winter bescherte. In diesem Jahr stehen die Vorzeichen etwas anders. Seit Oktober ist die Westzirkulation gestört, wir haben es vorwiegend mit gemischer Zirkulation zu tun. Das kann uns einerseits beständige Hochdrucklagen wie im Dezember bringen, aber auch stark wechselnde Lagen aller Typen, insbesondere aber Südwest und Nordwest, zur Folge haben. Diese Unbeständigkeit scheint uns nach den vorliegenden Unterlagen nun bevorzustehen, was die Prognose unsicher macht. So bietet uns das Langfristmodell CFS auch diesmal eine reichhaltige Palette an Lösungen an, wobei die kalten in der Mehrheit sind. Wie schon im Dezember (wo uns dies nicht allzu schlecht gelang) ist auch diesmal die Erfahrung – manche nennen es auch Bauchgefühl – gefragt.

Winterliche Gemeinschaft auf der Neuen Donau in Wien am 21.01.2008. Der dösenden Eisente vorne links war es wahrscheinlich zu warm ;-)
Der von uns favorisierte Modell-Lauf zeigt uns im Bodendruckfeld eine kräftige negative Anomalie, die sich vom zentralen Nordatlantik über die Azoren bis nach Mitteleuropa erstreckt. Hingegen liegt eine ausgesprochen deutliche positive Anomalie über der gesamten Zone nördlich des 55. bis 60. Breitengrades. Diese Verteilung ist typisch für eine leicht negative Nordatlantische Oszillation (NAO-). Die absolute Druckverteilung ist aber nicht derart extrem, dass im Norden nur Hoch- und im Süden nur Tiefdruck herrschen würde. Vielmehr gibt es Hinweise darauf, dass sich das Azorenhoch immer etwas mehr nach Norden verschiebt, also ins Seegebiet zwischen Schottland und Island zu liegen kommt. Das begünstigt einerseits Austrogungen aus Nordwest bis Nord über der Osthälfte Europas, welche nach den aktuellen Mittelfristprognosen die erste Monatshälfte dominieren dürften, andererseits aber auch das Unterlaufen des Hochs durch atlantische Tiefs, was eine südliche Westlage in der zweiten Monatshälfte erwarten lässt.
Die Verteilung der Temperaturanomalien lässt ein deutlich zu kaltes Nord- und Nordosteuropa erwarten. Mitteleuropa liegt in einer Zone mit leicht negativer Abweichung. Nun kommt es stark auf die Persistenz der Wetterlagen an. Die von uns ausgewählte Karte lässt erwarten, dass eine durchaus knackige, aber nicht allzu lange (4-6 Tage) dauernde Nordlage in einem ansonsten relativ normal temperierten Monat das Monatsmittel unter die langjährige Norm drückt. Der weitere (unsichere) Verlauf des Monats wird darüber entscheiden, wie viel bis zum Ende von diesem Minus noch übrig bleiben wird oder am Schluss vielleicht doch wieder mal eine schwarze Null dabei herausschaut. Soll zuletzt nicht der Hinweis darauf fehlen, dass Grönland und die Arktis weiterhin zu warm bleiben, wenn auch nicht mehr so extrem wie noch in den letzten Monaten.
Die Verteilung der Niederschläge ist entsprechend der unsicheren Lage nicht einfach einzuschätzen. Wie die Karte zeigt, gehen wir von einem zu nassen Südeuropa aus, was der oben erwähnten südlichen Westlage in der zweiten Monatshälfte geschuldet ist. In Mitteleuropa ist ein durchschnittlicher, regional leicht zu trockener Monat zu erwarten. Für die Alpen werden ungefähr 120 mm Niederschlagssumme erwartet, was in den Hochlagen um 2 Meter Neuschneesumme ergibt. Die bisherige Schneearmut dürfte also bald kein Thema mehr sein. In den Niederungen wird der Kälteeinbruch etwas Schnee liegen lassen, bei Südlicher Westlage wird es hingegen erfahrungsgemäss im Januar wegen des milden Atlantiks eher knapp mit nachhaltigem Schnee in den Tieflagen.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Spannend wird derzeit die Frage, ob der erwartete Kälteeinbruch um den 10. Januar herum kräftig und lange genug sein wird, um Bewegung in die Vogelwelt zu bringen. Seit über einem Monat halten sich in der Nordhälfte Deutschlands zahlreiche Winterflüchtlinge aus Skandinavien auf, insbesondere Seidenschwänze. Im Süden wartet man darauf, dass diese durch eine Kältewelle weiter nach Süden gespült werden. Die gezeigte Kälte im Nordosten Europas dürfte die bisher noch zu warmen Ostsee auskühlen und küstennahe Gebiete zufrieren lassen. Hier ist also ebenfalls mit Winterfluchten in Richtung Nordsee zu rechnen, wo das milde Wasser noch lange Zuflucht bietet.

Prognostizierte Abweichung der Monatsmitteltemperatur gegenüber der Klimanorm 1981-2010

Prognostizierte Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1981-2010 (rot = nasser, blau = trockener als normal)
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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