Für den Februar gilt inzwischen dasselbe wie für April und Oktober: Traue keinem dieser Monate, bevor er zu Ende ist! Dabei hatten wir aufgrund einer für diese Jahreszeit typische Erhaltungsneigung mal eine ziemlich zuverlässige Bauernregel: Ist’s an Lichtmess hell und rein (= Hochdrucklage), wird ein langer Winter sein. Muss natürlich im neuen Klima nichts mehr heissen, wo „Winter“ bestenfalls noch an ein paar verstreuten Tagen stattfindet. Vor einem Jahr sind wir mit für die zweite Monatshälfte kaltgebürsteten Langfristmodellen kombiniert mit dieser Regel ordentlich auf die Nase gefallen, und die Ausgangslage 2025 ist nahezu dieselbe, einfach mit umgekehrter Reihenfolge.

Im Schilfgürtel findet sie genug Samen zum naschen, daher ist es ihr ziemlich egal, wie das Wetter im Februar wird: Bartmeise am Neuenburgersee, Ende Februar 2019
Bis vor wenigen Tagen waren sich die Langfristmodelle einig: Der Februar 2025 wird ähnlich wie sein Vorgänger ein sehr milder, weil überwiegend hochdruckgeprägt mit südwestlicher Anströmung. Inzwischen hat der Wind in den Modellen im wahrsten Sinne des Wortes gedreht: Der Hochdruck verlagert sich so weit nach Norden, dass Mitteleuropa über längere Strecken in einer Ostströmung zu liegen kommen soll. Noch vor 10-15 Jahren hätten je nach persönlichen Vorlieben entweder die Alarmglocken geschrillt oder hätte man Freudentänze angesichts bevorstehender Schlittschuhabenteuer auf zugefrorenen Seen aufgeführt. Nun: Die grosse eurasische Landmasse ist zwar im Winter immer noch kalt, aber eben nicht mehr so brutal eisig wie anno dazumal, als sibirische Luftmassen mit minus 20 Grad über das verschneite Ost- und Mitteleuropa fegten. Man darf also gelassen auf die nächsten Wochen blicken und dann gespannt sein, wann der brachiale Westdruchbruch kommt – denn er muss aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre kommen. Wenn nicht in der zweiten Februarhälfte, dann ganz sicher im März.
Die Modellrechnungen bieten sämtliche Varianten des Kampfes zwischen blockierendem Hoch im Osten und starker atlantischer Tiefdrucktätigkeit an: Mal gewinnt der Atlantik etwas früher, mal später. Sinnvollerweise entscheidet man sich für einen Mittelweg, was eine mitunter zähe Übergangsphase mit Frontenfriedhöfen über West- und Mitteleuropa beinhaltet: Unser präferierter Lauf zeigt eine starke Hochdruckanomalie über ganz Europa, wobei diese im Nordosten am stärksten ausgeprägt ist und dann bogenförmig über Skandinavien bis nach Nordwesteuropa hineinragt. Tiefdruck überwiegt – wenn auch nicht stark ausgeprägt – von Grönland bis zu den Azoren mehr oder weniger auf dem ganzen Atlantik. Die geringe Abweichung ist ein Hinweis darauf, dass die starken Sturmtiefs wohl erst gegen Monatsende wieder zum Thema werden. Zunächst überwiegen die Grosswettertypen Hoch und Ost, wobei wohl allmählich ein Kippen von Ost auf Südost stattfinden dürfte. Südostlagen und Winkelwest sind die typischen Vertreter der eingangs erwähnten Kampf- oder Übergangsphase, bevor dann West endgültig durchbricht. In den vergangenen Jahren haben sich aber auch immer häufiger der Trog Westeuropa oder andere für den Frühling typische Südlagen bereits im Februar durchgesetzt – Saharastaub lässt grüssen.
Die Karte der Temperaturabweichung über den Gesamtmonat gemittelt zeigt natürlich nicht den Verlauf, der zunächst fusskalt (Inversionslage im Hoch) leicht unter dem langjährigen Mittel verlaufen dürfte und dann allmählich ins Plus dreht – wie hoch, hängt von der Stärke der atlantischen Tiefs ab. Die gewählte Variante ist diesbezüglich ziemlich moderat aufgestellt bzw. die Umstellung auf West kommt so spät, dass ein exorbitantes Plus wie im Vorjahr kaum vorstellbar ist. Andeutungsweise könnte der Februar in Südosteuropa relativ kalt ausfallen, viele Modelläufe zeigen dort ein deutlicheres Minus als im ausgewählten Lauf und einige sogar für Mitteleuropa unterdurchschnittlichen Ausgang. Nach unzähligen Kaltprognosen, die sich in der jüngeren Vergangenheit allesamt als Modellspinnereien entpuppten, wäre das Setzen auf einen solchen Lauf aber ziemlich hoch gepokert.
Angesichts eines über weite Strecken hochdruckgeprägten Monats erstaunt es nicht, dass die Niederschläge in weiten Teilen des Kontinents stark unterdurchschnittlich gerechnet werden. Die Unsicherheiten werden unterstrichen durch regionale Abweichungen nach oben, die allerdings nicht zwingend dort auftreten müssen, wo sie gezeigt werden. Wie soeben der Januar bewiesen hat, reichen im neuen Winterklima ein bis zwei feuchte Grüsse aus dem brühwarmen Golf von Amerexiko aus, um auch in einem ansonsten von Hochs dominierten Monat zumindest regional oder strichweise Niederschlagssummen bis zum Doppelten oder mehr des langjährigen Mittels zu deponieren, während es ein paar Dutzend Kilometer daneben nahezu trocken bleibt.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Wenn Nordeuropa nicht viel kälter ist als Mitteleuropa, braucht man sich auf späte Winterfluchten nordischer Arten nicht allzu viele Hoffnungen machen. Die Karte mit den bisher spärlichen Beobachtungen von Seidenschwanz & Co. widerspiegeln sehr deutlich den bisherigen Winterverlauf, daran wird sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nichts mehr ändern. Auch Sichtungen von Gebirgsvögeln in den Tälern dürften die Ausnahme bleiben, ist es bei Hochdrucklagen doch in der Höhe deutlich milder als unten, von den Sichtbedingungen fangen wir gar nicht erst an. Zugefrorene Gewässer in Mitteleuropa sind vorübergehend möglich, werden sich aber auf Flachwasserzonen beschränken. Bereits die milde Phase Ende Januar hat erste Rückkehrer aus Westeuropa zu uns gespült. Die werden wohl noch ein paar Mal hin- und her pendeln müssen.

Prognostizierte Abweichung der Monatsmitteltemperatur 2 m über Boden gegenüber der Klimanorm 1991-2020

Prognostizierte Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1991-2020
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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