In den letzten Monatsprognosen haben wir auf das Überraschungspotenzial dieses Winters aufmerksam gemacht, bedingt durch die schwache Westzirkulation auf dem Atlantik. Entsprechend hat sich die blockierte Lage im Januar länger gehalten als von uns prognostiziert. Das erwartete Tauwetter kam zwar, aber erst in den letzten Januartagen. Nun kommt die atlantische Tiefdruckproduktion zwar mächtig in die Gänge, doch der Polarwirbel läuft nicht rund und über Europa hält sich das blockierende Hoch im Osten hartnäckig. Da die Komplexität der grossräumigeren Zusammenhänge den Rahmen dieses Blogs sprengen würde, empfehlen wir der interessierten Leserschaft unsere Lichtmess-Prognose, die am 2. Februar auf dem Partnerblog von fotometeo.ch erscheint. Dort gehen wir detailliert auf Ursachen und Wirkungen der aktuellen Lage ein.

Inbesondere Eulen und Greifvögel freuen sich über das aktuelle Tauwetter, das ihre Nahrung wieder besser zugänglich macht (Waldohreule im Seewinkel, 10.02.2011)
In den letzten Tagen hat das Langfristmodell CFS mehrheitlich für ganz Europa einen deutlich zu milden Februar, basierend auf überwiegende Südwestlagen, gerechnet. Wir sind jedoch der Überzeugung, dass es die atlantische milde Luft nicht so einfach haben wird, den osteuropäischen Kälteblock zu beseitigen. Einige Modelle haben heute diese Problematik aufgenommen, CFS hinkt da aber jeweils etwas hinterher. So musste für die Februar-Prognose erstmals auf eine ältere Einzelrechnung zurückgegriffen werden, die unseren Vorstellungen entspricht. Der Wettbewerb Mensch gegen Maschine ist also eröffnet… Basis ist eine deutlich negative Druckanomalie über dem Atlantik mit Zentrum südwestlich von Irland, deren Ausläufer bis nach Mitteleuropa und in den zentralen Mittelmeerraum reichen. Den Gegenpol markiert eine ebenso deutliche positive Druckanomalie über Skandinavien. Atlantische Tiefdruckgebiete werden durch dieses blockierende Hoch über Westeuropa zum Ausweichen in den Mittelmeerraum gezwungen. Überwiegende Grosswetterlagen dürften daher Winkelwest, Süd und Südost bis Ost sein, zumindest in der ersten Monatshälfte. Wie lange diese Konstellation hält, ist offen. Erfahrungsgemäss ist sie in den Wintermonaten jedoch recht beständig, könnte sich also durchaus bis weit in die zweite Monatshälfte hinein halten. Die Möglichkeit, dass sich der Atlantik mit der Zeit voll bis nach Osteuropa durchsetzt und zyklonale Westlagen die Oberhand gewinnen, ist aber in Erwägung zu ziehen.
Die Temperaturkarte zeigt den osteuropäischen Kälteblock und ein mildes Westeuropa im Einfluss der atlantischen Tiefdruckgebiete. Der West/Ost-Gradient dürfte wohl deutlich akzentuierter ausfallen als dargestellt. Oft verursachen solche Wetterlagen ein winterliches Osteuropa mit negativen Abweichungen und ein mildes Westeuropa mit vorfrühlingshaften Phasen, wobei die Grenze nicht selten recht scharf irgendwo über Mitteleuropa zu liegen kommt. Im Osten überwiegen trocken-kalte Ostwinde mit Dauerfrost, im Westen feucht-milde West- bis Südwinde mit häufigem Niederschlag. An der Luftmassengrenze kommt es nach Osten hin zu Schneefällen bis in tiefe Lagen, zeitweise aber auch zu vereisendem Regen. Je weiter westlich, umso wahrscheinlicher ist ein zeitweise starkes Ansteigen der Schneefallgrenze. Kommt der “Winkel”, also das Umknicken der Westwinde nach Norden oder Süden relativ westlich zu liegen, muss in den Alpen mit entsprechenden Föhnlagen gerechnet werden.
Die oben geschilderten Wetterlagen verursachen einen deutlich zu trockenen Monat in Nordosteuropa und einen deutlich zu nassen Februar in West-, Mittel- und Südeuropa. Während die Westwinde den Westalpen und den westlichen Mittelgebirgen viel Niederschlag bringen, sorgen die zeitweiligen Föhnlagen für markante Niederschläge auf der Alpensüdseite. Dort dürfte daher die seit Monaten herrschende Trockenheit endlich zu Ende gehen. Für die Schneesicherheit gilt: Je weiter östlich, umso wahrscheinlicher sind Schneefälle bis in tiefe Lagen. Allerdings fallen die Mengen im Osten geringer aus als im Westen.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Im südlichen Mitteleuropa wartet man ja immer noch auf die weiter nördlich ausharrenden Wintergäste, besonders bei den Singvögeln. Diese werden bei der prognostizierten Wetterlage jedoch weiterhin keine meteorologischen Gründe für ein weiteres Ausweichen nach Süden vorfinden, so lange die Nahrungsverfügbarkeit ausreichend gesichert ist. Allenfalls könnten die in Nordostdeutschland überwinternden nordischen Arten im Verlauf des Februars noch etwas nach Westen wandern, sollte sich eine haltbare Schneedecke ausbilden. Die Kampfzone zwischen milden Westwinden und kalten Ostwinden dürfte dazu führen, dass rückkehrfreudige Wasservögel und Kraniche mehrere Versuche unternehmen müssen, sich also über Mitteleuropa ein reger Pendelverkehr einstellt. Den grossen Alpenrandseen bleibt eine weitere Vereisung erspart, was den hier ausharrenden Wasservögeln bestimmt behagt. Für die kleineren und seichten Gewässer im Osten könnte das Tauwetter in den ersten Februartagen möglicherweise zu kurz sein, sie bleiben wahrscheinlich noch länger zugefroren.

Prognostizierte Abweichung der Monatsmitteltemperatur gegenüber der Klimanorm 1981-2010

Prognostizierte Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1981-2010 (rot = nasser, blau = trockener als normal)
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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