Wenn im Ensemble-Mittel der Wettermodelle für die erste Augustwoche im südlichen Mitteleuropa bei der Temperatur ein Plus von rund fünf Grad berechnet wird, dann bedeutet dies: Es wird zur ohnehin heissesten Zeit des Jahres extrem heiss. Dies passt auch bestens zum Rhythmus dieses Sommers, der nach moderner Auslegung der Siebenschläfer-Regel abwechslungsweise eine kühle und eine heisse Woche bringt. Die kühle Woche folgt demzufolge etwa vom 8. bis 15. August, wobei nach den heutigen Unterlagen die Temperaturen lediglich auf oder nur knapp unter das langjährige Mittel fallen sollen. Danach ist der Siebenschläfer-Zeitraum vorbei und alljährlich stellt sich die Frage: was dann? Die Langfristmodelle tun sich schwer damit, wollen in der Mehrheit einen insgesamt unterkühlten August sehen, was angesichts des fulminanten Heissstarts dieses Monats so gut wie unmöglich erscheint. Heiteres Rätselraten bezüglich der zweiten Augusthälfte ist also angesagt.

In der ersten Augustwoche werden die Vogelbäder noch mal gut besucht sein, wie hier zuletzt im August 2015
Nach dem Ende des Siebenschläfer-Zeitraums Mitte August stellt die Zirkulation in der Regel auf spätsommerliche, manchmal sogar bereits herbstliche Muster um. Die Nordpolregion kühlt bereits ab, während der Subtropengürtel die höchste Temperatur des Jahres aufweist, ebenso die Meere rund um Europa. Der zunehmende Temperaturgradient zwischen Nord und Süd facht die Westwindzirkulation über dem Nordatlantik und Nordeuropa an, während sich über Süd- und Mitteleuropa häufig die stabilste Phase des gesamten Sommers einstellt. Welcher Einfluss (der südliche oder nördliche) über Mitteleuropa gewinnt, hängt nicht selten am seidenen Faden und mitunter auch vom Einfluss der atlantischen Hurrikan-Aktivität ab, was die Prognosen zu dieser Jahreszeit oft erschwert. Dies gilt es vor den nachfolgenden Einschätzungen vorauszuschicken.
Wie schon einleitend erwähnt, sehen die meisten Läufe des Langfristmodells CFS Mitteleuropa (auch den Alpenraum!) durchschnittlich oder sogar leicht unterkühlt gegenüber dem Mittel 1981-2010, was uns aufgrund der ersten heissen Augustwoche nahezu unmöglich erscheint. Um das Plus von rund 2.5 Grad zur Monatsmitte bis zum Ende noch abzubauen, müsste eine extrem kühle zweite Augusthälfte über uns hereinbrechen. Woher diese Kaltluft kommen soll, ist uns ein Rätsel. Schon länger beobachten wir, dass die Langfristmodelle mit den neu geschaffenen Verhältnissen in der Arktis nicht zurechtkommen. Entsprechend mussten wir auf den wärmsten Lauf der letzten drei Tage zurückgreifen, um zumindest annähernd die realen Verhältnisse aufzuzeigen.
Der von uns ausgewählte Lauf zeigt keine Auffälligkeiten bezüglich der Position und Stärke des Azorenhochs. Über dem zentralen Nordatlantik wird eine mässig negative Druckanomalie berechnet, was aufgrund der Verteilung der Meerestemperaturen plausibel erscheint. Die Westwindzirkulation über dem Nordatlantik wird demzufolge wie schon im Juli aktiv und auch Nordeuropa treu bleiben, da eine Tiefdruckrinne über Skandinavien hinweg nach Nordrussland besteht. Eine positive Druckanomlie – nicht aussergewöhnlich stark – liegt mit ihrem Zentrum über Osteuropa und bedeckt zonal ausgerichtet nahezu das gesamte europäische Festland. Der grösste Anteil dieser Anomalie dürfte auf die erste Augustwoche zurückgehen, wir setzen allerdings darauf dass sich dieses System nach kurzen Unterbrechungen jeweils regeneriert. Es könnte darauf hinauslaufen, dass sich das Muster dieses Hochsommers (im südlichen Mitteleuropa eine Woche sehr warm bis heiss, eine Woche normal bis kühl) bis Ende August fortsetzt. Allerdings bedeutet dies auch die Fortsetzung des bisherigen Westlagen- bis tiefdruckdominierten Sommers im nördlichen Mitteleuropa, wobei die berechnete Druckanomalie doch Hoffnung auf ein paar Tage mehr unter Hochdruckeinfluss als bisher macht. Bezüglich der hauptsächlich auftretenden Grosswetterlagen können West-, Südwest- und Hochdrucklagen genannt werden, unterbrochen von Trögen und Tiefs, über dessen genaue Position und Verweildauer besser nicht zu heftig spekuliert wird. Nord- bis Ostlagen kann man bei diesem Muster wie schon in den letzten Monaten so gut wie ausschliessen.
Die entsprechende Temperaturkarte zeigt einen Hitzepol über dem Balkan mit Abweichungen deutlich über zwei Grad und einen immer noch warmen Alpenraum. Ungefähr normale Verhältnisse können im Schnitt in der Mitte und im Norden Deutschlands erwartet werden, an der Nordsee beginnt allerdings der Bereich, wo man von einem unterkühlten Monat sprechen muss.
Da der Westwindgürtel noch etwas nördlicher verlaufen soll als im Juli, darf man in weiten Teilen Mitteleuropas von einem leicht zu trockenen Monat ausgehen. Eine leicht zu feuchte Zone verläuft von Schottland nach Nordskandinavien. Von Spanien bis Frankreich werden deutlich zu nasse Gebiete berechnet, welche aus der starken Gewitteraktivität der ersten Augustwoche resultieren.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Wenige Auffälligkeiten gegenüber der langjährigen Norm lassen einen vorerst durchschnittlichen Vogelzug erwarten. Dabei kommt es immer wieder für einige Tage zu Zugstau während Schlechtwetterphasen. In den westlichen und nördlichen Teilen Mitteleuropas werden die feuchteliebenden Arten nach dem viel zu nassen Juli keine Probleme bekunden, geeignete Rastplätze und ausreichendes Nahrungsangebot zu finden. Anders sieht es im östlichen Mitteleuropa und in Südeuropa aus: Hier wird die seit Monaten anhaltende Trockenheit durch die extreme Hitzewelle in der ersten Augustwoche noch weiter verschärft. Viele flache Gewässer sind ausgetrocknet, wodurch sich konzentrierte Ansammlungen rastender Limikolen an den wenigen verbleibenden nassen Stellen einstellen werden. Was für die Vögel Stress bedeutet, ist eine interessante bis komfortable Situation für Vogelbeobachter- und Fotografen.

Prognostizierte Abweichung der Monatsmitteltemperatur in rund 1500 m Höhe gegenüber der Klimanorm 1981-2010

Prognostizierte Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1981-2010 (rot = nasser, blau = trockener als normal)
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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