Da ist er wieder: Der Monat, um den man als Prognostikerin am liebsten einen Bogen machen würde – denn er macht ja bekanntlich, was er will. Der März hat diesbezüglich bereits etliches vorweggenommen und uns gezeigt, was ein echter Frühlingsmonat so alles drauf hat: Sturm und Regen, Schnee bis in tiefe Lagen, Frost und Trockenheit, frühsommerlich anmutende Gewitter… da wird nichts ausgelassen. Für uns bedeutet dies, dass die erste Aprilhälfte einigermassen verlässlich bezüglich der Witterung eingeschätzt werden kann, danach verfliesst der Trend in einer Rauchfahne, die das ganze Temperaturspektrum offen lässt. Entsprechend zeigt nur etwa ein Drittel der Läufe des amerikanischen Langfristmodells für Mitteleuropa einen gemeinsamen Nenner über den Gesamtmonat, wir müssen uns also bezüglich zweiter Monatshälfte überraschen lassen.
Der Austausch der Luftmassen zwischen Polargebieten und Subtropen läuft bereits seit zwei Wochen ganz ordentlich, wobei wir mal in der warmen Süd-, mal in der kalten Nordströmung zu liegen kommen. Mit dieser Wechselhaftigkeit muss auch im April gerechnet werden, und bereits die erste Woche zeigt uns dies deutlich: Der Start ist kalt mit verbreiteten Frösten, die den Obstbäumen das Blühen auch dort austreibt, wo dies nicht bereits in den letzten Tagen geschehen ist. Doch bereits zum ersten Wochenende dreht die Lage komplett und es geht steil bergauf mit der Temperatur, um in der Karwoche im frühsommerlichen Bereich zu landen. Die Frage, die sich nun stellt: Wie lange dauert diese warme Phase an? Nach den aktuellsten Modellläufen wohl ziemlich lange (etwa zwei Wochen), denn die Karten zeigen einen deutlich zu warmen Monat in Mitteleuropa (während sie vor ein paar Tagen noch auf unterdurchschnittlich gepolt waren – so viel zur Verlässlichkeit derzeit). Verursacht wird diese Wärme zunächst durch ein Hoch über Osteuropa (Süd- bis Südwestlage), später soll der Hochdruck schwerpunktmässig über Mittel- oder Westeuropa zu liegen kommen, was eher wieder nördlichere Anströmung begünstigt. Eine weitere Spätfrostphase in der zweiten Aprilhälfte würde daher nicht völlig überraschen, zumal weiterhin Hochdruck dominieren soll und somit klare Nächte nicht ausbleiben. Die Karte mit den Druckabweichungen zeigt eine positive Anomalie von Grönland über die Britischen Inseln bis nach Osteuropa, während im äussersten Nordosten Europas sowie im Bereich der Azoren deutliche Tiefdruckanomalien gerechnet werden.
Die Mitteltemperatur des Gesamtmonats soll in West-, Mittel- und Nordeuropa etwa zwei Grad über der Klimanorm 1981-2010 zu liegen kommen, ein Klimaerwärmungszuschlag von einem weiteren halben bis ganzen Grad würde nach den Erfahrungen der letzten zwei Jahre allerdings auch nicht erstaunen (dies für den Fall, dass ein weiterer Kälteeinbruch ausbleibt). Eher unterdurchschnittlich wird es bei häufigem Nordwind am östlichen Rand Europas und im östlichen Mittelmeerraum sowie an den Küsten des Europäischen Nordmeers. Die warme Zunge in Schweden und Finnland dürfte bei dieser Anströmung durch Föhneffekte durch das Skandinavische Gebirge zustande kommen.
Das Gebirge verdeutlicht auch die Wetterscheide auf der Niederschlagskarte, wo die norwegische Küste deutlich überdurchschnittliche Niederschläge erwartet, während es im föhnigen Schweden häufig trocken bleibt. Trockenheit wird auch in weiten Teilen des Kontinents ein Thema, was bei Dauerhochdruck nicht weiter erstaunt. Dieser fehlt im Mittelmeerraum, daher werden dort durchschnittliche bis überdurchschnittliche Niederschlagsmengen erwartet, die aufgrund der durch Kaltluftvorstösse aus Norden herbeigeführten Labilität beim zunehmend hohen Sonnenstand bereits häufig in gewittriger Form zustande kommen werden. Kein verregneter Monat also auch dort, aber mit hohen Niederschlagsmengen in recht kurzer Zeit.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Hochdruck im Westen des Kontinents begünstigt den Heimzug jener Vögel, die von Westafrika über die Iberische Halbinsel zu uns gelangen (so genannte Südwestzieher), während eher usseliges Wetter mit Gegenwind die Südostzieher behindert. Verspätete Ankünfte dieser Vögel könnten wie schon im Jahr 2011 auffällig werden, wir haben diesen Fall in einem früheren Blogbeitrag anhand des Neuntöters analysiert. Gar nicht gut ist die Aussicht auf einen weiteren sehr trockenen Monat. Zwar hat der nasse Februar die Situation in den Feuchtgebieten vorübergehend etwas gelindert, bereits die zweite Märzhälfte war aber wieder sehr trocken. Die Situation dürfte sich also für feuchteliebende Arten rasch wieder verschlechtern, insbesondere was die Nahrungsverfügbarkeit von Schreitvögeln und Rastmöglichkeiten von Limikolen betrifft.
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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