Die Wettermodelle sind in den letzten Tagen derart heftig herumgesprungen, dass man in Abwandlung eines altbewährten Spruchs sagen musste: “Hier kommt der April, der nicht weiss was er will!” Dagegen scheinen die Modellläufe des Langfristmodells CFS schon fast überraschend einig zu sein, dass wir es für einen April typische meridionale Zirkulation zu tun bekommen. Statistisch erreichen in diesem Monat Westlagen fast ihr Minimum im Jahresverlauf, nur im Mai ist deren Auftreten im Schnitt noch etwas tiefer. Die Erfahrung mit unseren Monatsprognosen der letzten Jahre hat gezeigt, dass meridionale Lagen am schwierigsten zu prognostizieren sind, da die Frage, ob Nord-, Ost-, oder Südlagen dominieren werden, oftmals einer Lotterie gleicht. Entsprechend sind die Prognosen im April und Mai am unsichersten, was man bei der Lektüre der vorliegenden Prognose im Hinterkopf behalten sollte. Nichtsdestotrotz versuchen wir es wieder, mit der Ausnahmesituation im letzten Jahr hat es ja auch ganz gut geklappt…

Bereits jetzt kann man viele Eisvögel beobachten; die meisten haben den milden Winter 2018/19 problemlos überstanden (Aufnahme aus dem April 2013, Schweizer Mittelland)
Die Erfahrungen mit dem launischen April lassen natürlich gleich die Frage aufkommen, ob denn die vermeintliche Einigkeit der Modellläufe für den bevorstehenden April zuverlässig ist oder ob es sich dabei nicht um die oft gesehene Tendenz handelt, einfach das langjährige Klimamittel abzubilden? In diesem Fall müssten die Abweichungen in den Karten jeweils nur gering ausfallen, doch dem ist derzeit bei weitem nicht so. Die meisten Läufe zeigen recht starke Hochdruckanomalien über der Nordhälfte Europas und Tiefdruckanomalien im Süden. Die Unterschiede liegen im Detail, und genau darin besteht die Herausforderung, denn bei meridionalen Lagen im Frühling können nur geringe Verschiebungen der Druckgebilde grosse Auswirkungen auf unsere Witterung haben. Nehmen wir es vorneweg: Die “optimale” Karte in unserem Sinne hat das Modell nicht geliefert, wir haben daher den Lauf herausgepickt, der dem Ensemble-Mittel der letzten 40 Läufe am nähesten kommt.
Gerechnet wird eine ausgeprägte (wenn auch nicht extreme) Hochdruckanomalie, die sich über die gesamte Nordhälfte Europas erstreckt und Mitteleuropa mit einbezieht. Das Hochdruckzentrum müsste sich entsprechend häufig irgendwo im Streifen von der Nord- zur Ostsee befinden. Gegenspieler ist eine Tiefdruckanomalie über dem westlichen Nordatlantik mit Zentrum südlich von Grönland, das jedoch keinen Einfluss auf Europa nehmen kann. Eine weitere leichte Tiefdruckanomalie ist über Nordwestafrika zu finden und deckt noch die Iberische Halbinsel sowie die südlichsten Regionen der europäischen Mittelmeerländer ab. Für uns bedeutet diese Konstellation eine Dominanz des Grosswettertyps Ost, wobei je nach Verlagerung des Hochs sämtliche Lagen von Nordost bis Südost, mitunter aber auch Nord- und Südlagen auftreten. Letzteres ist gleich in der ersten Aprilwoche der Fall, wobei noch nicht ganz klar ist, ob aus der Südlage noch Tief Mitteleuropa wird. Wie eingangs erwähnt haben Westlagen kaum eine Chance. Diese Situation erinnert an den Mai 2018, man darf also gespannt sein!
Mit dem überwiegenden Hochdruckwetter und somit starker Sonneneinstrahlung fällt die bodennahe Erwärmung in weiten Teilen Europas deutlich höher aus, als es die Temperaturen in rund 1500 m erwarten lassen. Daher haben wir in diesem Monat noch mal auf die Karte mit der Temperaturabweichung am Boden zurückgegriffen. Alles andere als eine mittlere Abweichung von ungefähr 2 Grad gegenüber dem langjährigen Mittel in weiten Teilen Mitteleuropas würde überraschen. In einigen Alpentälern sowie in Nordeuropa dürften die Abweichungen noch höher ausfallen, während in höheren Lagen nur eine geringe Abweichung zur Klimanorm zu erwarten ist. Zu kühl wird der Monat eigentlich nur auf der Iberischen Halbinsel und in der Türkei berechnet.
Nach vielen Jahren der unlogischen Farbgebung hat Meteociel – endlich! ist man geneigt zu rufen – die Farben der Niederschlagskarte getauscht. Nun steht also blau für nass und rot für trocken, und schon hat man eine ungefähre Übereinstimmung zu den Temperaturabweichungen. Wir sehen also ein weitgehend trockenes Nord- und Mitteleuropa entsprechend der Druckverteilung, und überdurchschnittliche Niederschläge im Mittelmeerraum. Der nasse Fleck genau mitten in den Alpen ist ein Hinweis darauf, dass weder Nord- noch Südstau grossartig vom Niederschlag bevorzugt werden, sondern vielmehr bereits konvektive Niederschläge auftreten (also Schauer und Gewitter), und somit ein frühsommerlicher Charakter Einzug hält. Die im Frühling/Frühsommer 2018 gesammelten Erfahrungen mit Gewitterzugbahnen aus ungewohnter Richtung können also bereits wieder angewendet werden.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Momentan deutet nichts darauf hin, dass der Winter im April noch mal zurückschlägt. Einzelne Tage mit Schneefällen bis in tiefe Lagen darf man allerdings gerade in den Nordalpen nie ganz ausschliessen, nachhaltig sind solche Geschichten aber kaum. Besorgnis erregend ist die Tatsache, dass bereits wieder ein sehr trockener Monat ansteht, was für die seichten Gewässer, die sich noch kaum von der Trockenheit im vergangenen Jahr erholt haben, keine guten Aussichten sind. Was für Beobachter von rastenden Zugvögeln noch günstig erscheint, weil sich die Vögel an den wenigen nassen Stellen konzentrieren, dürfte für die Brutvögel der Feuchtgebiete zum grossen Problem werden. Bereits jetzt ist bekannt, dass etwa Kraniche im Nordosten Deutschlands nur wenige geeignete Nistplätze finden, die vom umgebenden Wasser vor Prädatoren geschützt sind. Dass sich die Situation auch ungünstig auf Amphibien und somit die Nahrungsquelle zahlreicher Vogelarten negativ auswirkt, dürfte bekannt sein. Aus diesem Blickwinkel gesehen müsste man eigentlich hoffen, dass unsere Prognose für den April ein Fehlschlag wird, denn im Mai kämen die benötigten Niederschläge zu spät und würden wiederum den Bruterfolg der Insekten jagenden Arten schmälern.

Prognostizierte Abweichung der Monatsmitteltemperatur gegenüber der Klimanorm 1981-2010

Prognostizierte Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1981-2010 (rot = trockener, blau = nasser als normal)
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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