Die letzten Jahre haben es uns gelehrt: Traue keinem April, bevor er zu Ende ist. Das wollen wir uns diesmal besonders zu Herzen nehmen und uns trotz verführerischer Karten in den Langfristmodellen zu keinen Aussagen mehr hinreissen lassen, dass es mit den Kälteeinbrüchen nun zu Ende sei. Ganz besonders nicht nach der Vorgeschichte mit zwei kalten Monaten in Folge und einer aus den Fugen geratenen nordhemisphärischen Zirkulation, die in groben Zügen dem für die Vogelwelt fatalen Frühling 2013 ähnelt. Auch damals wurde es nach dem Kaltstart im April schlagartig frühsommerlich warm – allerdings auch nur für eine Woche, danach ging das Drama unvermindert weiter und mündete in einen nass-kalten und rekordtrüben Mai. Doch so weit wollen wir hier gar nicht spekulieren, der April ist schliesslich Herausforderung genug.
Wie für den launischen April üblich, bietet uns das Langfristmodell CFS auch diesmal eine reichhaltige “Speisekarte” an. Wir nehmen es vorweg und sagen es ganz deutlich: Der April ist ohnehin der im Jahresverlauf am schwierigsten zu prognostizierende Monat. Kommt noch ein stark meridionales Muster wie aktuell hinzu, tendiert die Prognosegüte gegen null. Wir könnten hiermit die Angelegenheit als erledigt abschliessen und uns verabschieden, doch so einfach wollen wir es uns dann doch nicht machen. Man kann anhand der Ausgangslage und den Karten, die uns bereits für die Mittelfrist zur Verfügung stehen, den ungefähren Verlauf des ersten Monatsdrittels abschätzen. Das ist eine Basis, auf der sich aufbauen lässt. Sollte das grossräumige Muster allerdings ab der Monatsmitte völlig umstellen, wie in den letzten zwei Jahren im April geschehen, ist man machtlos. Wir geben allerdings die Hoffnung nicht auf, dass sich auch wieder mal wie in früheren Jahren das grobe Muster halten kann und Rückfälle nur kurze Intermezzi darstellen.
Anhand der Karten für das erste Monatsdrittel gehen wir davon aus, dass sich auch über den gesamten Monat gemittelt eine negative Druckanomalie über Westeuropa einstellt. Sie erstreckt sich meridional ungefähr von Island und dem Nordmeer trogartig nach Süden über Westeuropa hinweg bis nach Marokko. Gegenspieler ist eine positive Druckanomalie mit Zentrum über Westrussland, die sich bis nach Mitteleuropa ausweitet. Allerdings lässt der Hochdruckeinfluss nach Westen immer mehr nach. In diesem Muster überwiegen in Mitteleuropa die Wetterlagen des Typs Süd. Wären die Druckanomalien extrem ausgeprägt, könnte man andere Grosswettertypen nahezu ausschliessen, doch dies ist nicht der Fall. Ein Hinweis darauf, dass uns im weiteren Verlauf des Monats noch einige Überraschungen ins Haus stehen dürften.
Die Temperaturverteilung zeigt in Nordwest-, West- und Südwesteuropa einen deutlich unterkühlten April, da hier immer wieder kühle Luft von Grönland über den Ostatlantik bis weit nach Süden vorstösst. Bereits Mitteleuropa dürfte aber einen im Vergleich zum langjährigen Mittel wärmeren April erleben – je weiter nach Osten, umso ausgeprägter. Osteuropa wird – sofern sich das Muster auch wirklich über längere Zeit halten kann – über weite Strecken des Monats schon fast frühsommerlich warm.
Durch die Druckverteilung lassen sich zwei Gebiete mit recht deutlichen Niederschlagsabweichungen feststellen: Osteuropa wird einen trockenen April erleben, Westeuropa einen deutlich zu nassen. Durch häufige Südföhnlagen fällt der Monat auch in den Südalpen deutlich zu nass aus. Wie weit sich dies nach Osten erstreckt, hängt vom Hochdruckeinfluss ab. Für Mitteleuropa lässt sich bezüglich des Niederschlags keine klare Aussage treffen, allenfalls kann man in den vom Föhn beeinflussten Regionen von einem tendenziell eher trockenen April ausgehen.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Wichtig ist erst mal, dass sich die Verhältnisse in Mitteleuropa nach dem kalten März etwa normalisieren und die rückkehrenden Zugvögel eine gute Nahrungsgrundlage vorfinden. Die Zugstaugebiete in Südosteuropa lösen sich auf, hier stellen sich in den nächsten Tagen sogar ausserordentlich gute Zugbedingungen ein. Die Südostzieher dürften daher nach der Verzögerung im März nun fleissig eintrudeln. Ganz anders sieht es im Westen aus: Die Südwestzieher werden nach wie vor mit garstigen Bedingungen über Gibraltar und der Iberischen Halbinsel zu kämpfen haben. Kräftige Vögel kommen damit einigermassen zurecht, den kleineren und leichten Arten bleibt hingegen nichts anderes übrig als vor Ort günstigere Bedingungen für die Weiterreise abzuwarten. Im westlichen Mitteleuropa werden wir daher wohl noch länger auf die Rückkehr der einen oder anderen Art warten müssen. Kurzzeitige West- bis Südwestlagen dürften daher schnell einmal zu Spitzenzugtagen führen. Am besten verfolgt man die kurz- bis mittelfristige Entwicklung über unseren ungefähr alle drei Tage aktualisierten Wetterlagenkalender.
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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