Auch in diesem Jahr dürfen wir zur Kenntnis nehmen, dass kalte Frühjahre in den heutigen klimatischen Verhältnissen in Mitteleuropa der Vergangenheit angehören und 2013 eine unrühmliche Ausnahme war. Die Vegetation weist nach dem rekordwarmen März einen riesigen Vorsprung auf, entsprechend verhalten sich auch die heimischen Vögel, welche zum Teil jetzt schon die erste Brut aufziehen. Der Vogelzug kam nach verhaltenem Beginn im letzten Märzdrittel bei günstigeren Windverhältnissen ebenfalls in Gang. Jetzt gilt es nur noch, die Gefahr von Kälterückfällen im April zu überstehen. Der letztjährige April mit seinem verkehrten Verlauf (warmer Beginn, kaltes Ende) hat uns gelehrt, dass er eine Wundertüte ist und bleibt – Klimaerwärmung hin oder her.

Bei Sonnenschein fällt der Nestbau leichter, und trockene Zweige lassen sich leichter abknicken (Eichelhäher im Wiener Zentralfriedhof, April 2010)
Das Langfristmodell CFS bietet uns für den April eine reichhaltige Palette verschiedener Szenarien an. Das ist nicht aussergewöhnlich, denn der April weist im langjährigen Mittel den geringsten Anteil an Westlagen auf, nur noch unterboten vom Mai. Die Wassertemperaturen im Nordatlantik sind unauffällig, der Kontinent nahezu gänzlich von der Schneedecke befreit und die Arktis ist so warm wie noch nie in jüngerer Vergangenheit. Eine Ausgangslage, die fast alles offen lässt – mit Ausnahme eines im Schnitt unterkühlten Monats, den man guten Gewissens ausschliessen kann. Was allerdings nicht ausschliesst, dass es für ein paar Tage empfindlich kalt werden kann, wenn wie im Vorjahr alles ganz dumm läuft.
Wir wechseln im Sommerhalbjahr wieder auf die Karten der mittleren Troposphäre, da Inversionen keine wichtige Rolle mehr spielen. Entschieden haben wir uns für jenen Modelllauf, der in 5500 m Höhe eine deutliche Hochdruckanomalie über dem zentralen Nordatlantik zeigt. Sie erstreckt sich brückenartig über den europäischen Kontinent, wo sich im Osten ein zweiter, etwas schwächerer Pol des überdurchschnittlichen Geopotenzials zeigt. Eine gemässigte Tiefdruckanomalie zeigt sich über Nordskandinavien und eine schwächere im Gebiet zwischen Azoren und Kanaren. Diese Konstellation lässt in Mitteleuropa einen hochdruckdominierten Monat erwarten. In der ersten Hälfte ist Hochdruck über dem nahen Atlantik und Westeuropa mit nordwestlicher bis nördlicher Anströmung gesichert, der zweite Hochdruckpol über Osteuropa lässt im weiteren Verlauf auch Südlagen erwarten. Westlagen werden nur kurze Gastspiele haben, ebenso Ostlagen.
Die Temperaturkarte des 850 hPa-Niveaus (entspricht ungefähr 1500 m Höhe) zeigt eine positive Anomalie, die sich recht genau mit dem Hochdruckgürtel deckt. In fast ganz West-, Mittel- und Osteuropa ist ein im Mittel milder April zu erwarten. Die Abweichungen am Boden zum Schnitt 1981-2010 dürften in Mitteleuropa im Bereich zwischen 1.5 und knapp über zwei Grad liegen, überdurchschnittliche Besonnung sei Dank. Etwas unterkühlt wird der April in Skandinavien, im Bereich der Azoren sowie tendenziell im Mittelmeerraum.
Der überwiegende Hochdruck sorgt in weiten Teilen Europas für einen relativ trockenen April. Ausnahmen stellen die Westküste Skandinaviens dar, wo der meist weit im Norden positionierte Westwindgürtel seine Niederschläge hinterlässt, sowie punktuell Gebiete in Südeuropa, die von abtropfenden Tiefdruckgebieten besucht werden. Die leicht erhöhten Werte am östlichen Alpenbogen können ein Hinweis darauf sein, dass sowohl Nordwest-/Nordlagen wie Südlagen für kurze, aber intensive Perioden mit Stauniederschlägen sorgen können.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Wie bereits erwähnt, sind Überraschungen im April nie auszuschliessen, doch sieht es momentan danach aus, dass Kälterückfälle in diesem Jahr eher moderat ausfallen dürften. Derzeit ist eine solche Unsicherheit für die Zeit um den 10. April auszumachen, ein Kaltluftausbruch in Richtung Osteuropa könnte auch Teile Mitteleuropas betreffen. Zusammen mit der in Ostafrika herrschenden Dürre zeichnen sich in diesem Jahr ähnliche Verhältnisse wie im April 2011 ab, wo sich die Ankunft vieler Südostzieher (v.a. Neuntöter, Sprosser, Schlagschwirl) massiv verzögert hat. Sofern wir mit der Wahl des Modell-Laufs richtig liegen, sollte sich die Situation für Südostzieher Ende April aber markant verbessern. Bei den Südwest- und Italienziehern ist die Situation gerade umgekehrt; hier herrschen aktuell sehr günstige Verhältnisse vor, die sich im Verlauf des Monats möglicherweise verschlechtern.

Prognostizierte Abweichung der Monatsmitteltemperatur in rund 1500 m Höhe gegenüber der Klimanorm 1981-2010

Prognostizierte Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1981-2010 (rot = nasser, blau = trockener als normal)
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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