Der September als Übergangsmonat vom Spätsommer in den Herbst bildet die Hochsaison für durchziehende und rastende Vögel auf dem Weg vom hohen Norden in wärmere Gegenden. Wie viele seltene Arten auf der Rast in Mitteleuropa beobachtet werden können, hängt vor allem vom Wetter ab. Starker Gegenwind oder lang anhaltender Regen zwingen die Vögel zu längeren Pausen, während sie bei guten Wetterbedingungen nur kurz bei uns verbleiben und deren Beobachtung meist Glücksache ist. Der September ist im Jahresverlauf der am schwierigsten zu prognostizierende Monat. Der Grund dafür liegt in der Hurrikansaison auf dem Atlantik. Alternde, in die Westströmung aufgenommene Tropenstürme können die Wetterküche durcheinanderbringen, sodass oft als vermeintlich stabil erscheinende Grosswetterlagen in kürzester Frist komplett umstellen können.
In der Höhendruckkarte ist eine mässige positive Druckanomalie zu sehen, die den gesamten Nordatlantik zwischen Grönland und Skandinavien inklusive Britische Inseln bedeckt, eine schwächere positive Abweichung weist Südosteuropa auf. Leichte negative Anomalien erscheinen über Südwest- und Nordosteuropa sowie über dem Atlantik zwischen Neufundland und den Azoren. Dieses Druckmuster lässt in Europa ein Übergewicht an Nord- bis Ostlagen erwarten, die zu einem grossen Teil unter Hochdruckeinfluss stehen werden. Die atlantische Westdrift kommt nahezu zum erliegen und beeinflusst Europa nur selten.
Dominanz von Luftmassen aus nördlicher bis östlicher Richtung lässt einen kühlen Monat erwarten, allerdings zeigen die Temperaturkarten in weiten Teilen Europas nur geringe negative Abweichungen von der Klimanorm, in Mitteleuropa meist zwischen 0 und -1 Grad. Deutlicher ist die Abweichung mit -2 bis -4 Grad über Südwest- und Osteuropa. Die Verteilung von warmem Nord- und eher kühlem Mittelatlantik spiegelt die derzeitige Abweichung der Wassertemperatur von der langjährigen Norm wider, welche für das bevorstehende Witterungsmuster den Hauptteil der Verantwortung trägt. Einen überdurchschnittlich warmen September zeigen die Karten im Gebiet zwischen Italien und dem Nahen Osten.
Der dominierende Hochdruckeinfluss sorgt in weiten Teilen Mitteleuropas für deutlich unterdurchschnittliche Niederschläge, während vor allem der westliche Mittelmeerraum, aber auch Nordosteuropa zu nass berechnet wird.
Der Versuch einer Annäherung an den Ablauf sieht folgendes vor: Da die Modelle in der Kurzfrist bereits recht ergiebige Niederschläge im Alpenraum während der ersten Tage berechnen, scheint der Rest des Monats hier recht trocken zu verlaufen. Dies gilt wohl für die meisten Gebiete Mitteleuropas, womit die Trockenheit aus dem Sommer noch nicht gelindert wird. Kaltluftausbrüche von Norden her induzieren im westlichen Mittelmeerraum über dem übernormal warmen Wasser wiederholt Tiefdruckbildungen, was dieser Gegend einige Unwetter bescheren dürfte. Temperaturmässig verläuft das erste Monatsdrittel in Mitteleuropa eher kühl. Damit die nur geringe Abweichung vom Klimamittel wie prognostiziert erreicht wird, dürften in der Folge auch angenehme Altweibersommer-Perioden auftreten. Sehr warme Phasen mit Luftmassen aus Süden sind hingegen eher unwahrscheinlich. Hoffen wir, dass eine bisher schwache und auch im Vorfeld als solche prognostizierte Hurrkansaison uns diese Prognose nicht zunichte macht.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Der relativ normale Temperaturverlauf in Nordeuropa lässt einen durchschnittlich verlaufenden Vogelzug erwarten. Bei länger anhaltenden Ostlagen ist bei uns mit häufigerem Auftreten von seltenen Irrgästen aus dem Osten zu rechnen. Die Fortsetzung der sommerlichen Trockenheit lässt insbesondere im östlichen Mitteleuropa weiterhin tiefe Wasserstände bzw. völlig ausgetrocknete seichte Gewässer erwarten. Rastende Limikolen sammeln sich daher konzentriert an den verbleibenden Feuchtstellen, was die Beobachtung mancherorts erleichtern kann. Da beim prognostizierten Witterungsverlauf kaum mit ergiebigen Schneefällen gerechnet werden muss, bietet sich die Beobachtung von Hochgebirgsvögeln sowie rastender Mornellregenpfeifer an den dafür prädestinierten Stellen an.
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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