Der November hat unter den meisten Menschen den Ruf des langweiligsten Monats im Wetterjahr. Kalt, grau, neblig, die Tage sind kurz und die Natur legt sich zur Ruhe. Dabei geht oft vergessen, dass in diesem Monat die Weichen für den kommenden Winter gestellt werden. An dieser Stelle haben wir vor einem Jahr bereits Stellung nehmen können zu den zahlreichen herumgeisternden Winterprophezeihungen. Dies möchten wir auch in diesem Jahr tun, doch die massgeblichen Signale in der Atmosphäre wie auch in den Weltmeeren sind derzeit noch sehr widersprüchlich, zudem wird El Niño wahrscheinlich ein Wörtchen mitzureden haben. Die Winterprognose ist daher deutlich schwieriger als im Vorjahr und wird zu gegebener Zeit (irgendwann im Verlauf des Novembers) einen eigenen ausführlichen Blogeintrag auf unserer Partnerseite fotometeo.ch bekommen. Hier konzentrieren wir uns vorerst mal auf das, was uns im November erwartet.

Die nordischen Wintergäste treffen nun allmählich wieder bei uns ein: Prachttaucher in der Neuen Donau in Wien am 15.11.2009
Das Langfristmodell CFS ist seit einigen Tagen in der grossräumigen Entwicklung relativ einig, Differenzen bestehen von Lauf zu Lauf einzig in Details, wobei diese regional – gerade in Mitteleuropa – nicht unerhebliche Unterschiede bei den Temperaturen ausmachen können. In den Wintermonaten schauen wir zunächst auf die Verteilung des Bodendrucks, der nun wieder aussagekräftiger ist als im Sommerhalbjahr. Hier rechnet das Modell mit einer positiven Abweichung über nahezu dem gesamten europäischen Kontinent, wobei das Zentrum des Hochdrucks in Mittel- und Osteuropa zu liegen kommt. Der Gegenpol mit einer starken negativen Druckanomalie hat seinen Schwerpunkt nördlich von Island und erstreckt sich sowohl trogförmig bis zu den Azoren wie auch in einem Band in Richtung Spitzbergen und weiter zur Barentssee. Die Linie des Normaldrucks von 1013 hPa verläuft dabei aussergewöhnlich weit nördlich von Irland über Südnorwegen und Mittelschweden zum Weissen Meer. In Mitteleuropa soll der gemittelte Luftdruck des Gesamtmonats zwischen 1025 und 1030 hPa zu liegen kommen, also aussergewöhnlich hoch. Nach diesen Berechnungen müsste der November extrem hochdruckdominiert verlaufen, wobei nebst dem Grosswettertyp Hoch über Mitteleuropa vor allem die Wettertypen Südwest bis Südost auftreten dürften.
Entsprechend wird der November insgesamt für Europa sehr mild berechnet, die Abweichungen zur Klimanormperiode 1981-2010 liegen in der Regel zwischen zwei und vier Grad in West- und Mitteleuropa und sollen bis zu acht (!) Grad in Skandinavien erreichen. Zu kühl wird einzig Südosteuropa gerechnet, wobei die negative Abweichung zum langjährigen Mittel knapp bis nach Südostösterreich reichen soll. Möglicherweise sind die Abweichungen im Flachland in der unten gezeigten Karte etwas zu positiv dargestellt, da sich bei permanent hohem Luftdruck und kaum Wind eine zähe Nebellage einstellt. In den Mittelgebirgslagen und insbesondere in den Föhngebieten der Alpennordseite sind die gezeigten Abweichungen aber durchaus realistisch.
Der permanente Hochdruck in Mitteleuropa hat hier die Fortsetzung der seit dem Sommer herrschenden Trockenheit zur Folge. Vor allem im östlichen Mitteleuropa kann es bei einer solchen Konstellation gebietsweise keinen Niederschlag im gesamten Monat geben, was stark an die Verhältnisse im November 2011 erinnert. Nasser als üblich wird es einzig von Irland bis nach Nordskandinavien, wo Südwestwinde die atlantischen Fronten hinsteuern. Auch im Mittelmeerraum sind regional starke Niederschläge zu erwarten, die Unwetterserie dieses Herbstes dürfte sich also fortsetzen, was angesichts der immer noch extrem hohen Wassertemperaturen nicht erstaunt.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Wie bereits vor einem Jahr können Hochgebirgsvögel dank mangelnder oder nur dünner Schneedecke in den Alpen noch bis weit in den November hinein beobachtet werden. Auch werden einige Teil- und Kurzstreckenzieher noch lange bei uns verweilen. Der extrem milde Norden dürfte jene Vögel, welche dem frühen Wintereinbruch im Oktober getrotzt haben, kaum zur Flucht nach Süden bewegen – es sei denn, die Nahrungsgrundlage für einzelne Arten (Beeren, Nüsse) ist schlecht, worüber der aktuelle Witterungsverlauf allerdings keine Auskunft gibt. Einige nordische Arten haben ja mit ihrer frühen Winterflucht im Oktober bereits für dicke Schlagzeilen gesorgt und sogar Biologen zur Prognose eines strengen Winters hinreissen lassen. Sollte sich die Novemberprognose wie gezeigt bestätigen, wäre einmal mehr bewiesen dass nicht die Tierwelt das Wetter vorhersagt, sondern genau umgekehrt ein Schuh draus wird. Wir bleiben dran!

Prognostizierte Abweichung der Monatsmitteltemperatur vom Klimamittel 1981-2010

Abweichung der gemittelten Monatsniederschläge gegenüber der Klimanorm 1981-2010 (blau = trockener, rot = nasser als normal)
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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