Obwohl der zu Ende gehende März der zweitkälteste Monat des Winterhalbjahres war und man das Gefühl hatte, dieser Winter fand im März statt, so muss man doch festhalten dass in weiten Teilen Mitteleuropas dieser März im langjährigen Mittel durchschnittlich bis nur leicht unterkühlt verlief. Mehr dazu am Montag in der ausführlichen Analyse unseres Partnerblogs fotometeo.ch. Doch nun scheint der Frühling doch endgültig den Durchbruch zu schaffen, jedenfalls startet der April schon mal fulminant und legt bezüglich Mitteltemperatur ordentlich vor. Es ist eine Binsenwahrheit, dass ein deutlich zu warmes erstes Aprildrittel auch einen insgesamt zu warmen Monat produziert, steigt doch das klimatologische Mittel im Verlauf eines Frühlingsmonats mit zunehmender Tageslänge laufend an. Die einzelnen Läufe des Langfristmodells CFS sind sich denn auch seit Tagen beim groben Muster recht einig, es gilt nun nur noch die Details festzulegen und darauf hinzuweisen, dass sich gerade im schwierig zu prognostizierenden Frühling die Druck- und Temperaturmuster rasch um ein paar hundert Kilometer verschieben können.
Der von uns bevorzugte Modell-Lauf ist eine mittlere Variante ähnlicher, aber sich im Detail unterscheidenden Läufe. Bei den steuernden Druckzentren ist als erstes ein überdurchschnittlich starkes, aber leicht nach Westen verschobenes Azorenhoch auffällig. Die Tiefdruckaktivität und somit die Westwinddrift über dem Nordatlantik ist für die Jahreszeit ebenfalls sehr ausgeprägt und erstreckt sich von der Südspitze Grönlands bis nach Westeuropa, um dort regelmässig in Richtung Süden über die Iberische Halbinsel nach Nordwestafrika abzutropfen. In Nord- und Osteuropa herrscht übernormaler Hochdruck vor, der diese Blockierung hervorruft und den beschriebenen Abtropfvorgang über Südwesteuropa erzwingt. Dies bedeutet für uns häufige Südlagen mit Präferenz “Trog Westeuropa”, wobei die Tröge zeitweise auch bis nach Mitteleuropa vorrücken können. Die Folge davon sind in Mitteleuropa häufig warme Witterungsphasen mit Luftmassen aus südlicher Richtung, welche von nass-kühlen Abschnitten mit polaren Luftmassen nordwestlicher bis nördlicher Herkunft unterbrochen werden. Insofern eine recht April-typische Verteilung.
Die permanente Zufuhr atlantischer Luftmassen aus einem Gebiet, das grossräumig unterdurchschnittliche Wassertemperaturen aufweist, bewirkt in weiten Teilen Westeuropas wie bereits im März einen kühlen Monat, wobei sich die negative Abweichung mit jedem Kilometer landeinwärts abschwächt. Bereits ab etwa einer Linie Holland-Ostfrankreich wird die Abweichung zum langjährigen Mittel positiv, und in weiten Teilen Mittel- und Osteuropas dürfte der April deutlich wärmer (weil auch sonniger) als im Schnitt ausfallen. Der Wärmepol liegt aufgrund häufiger Südföhnlagen am Alpennordrand mit Abweichungen von etwa 4 Grad zum Mittel 1981-2010, kommt also nahe an einen durchschnittlichen Mai heran. Nach wie vor abnorm ist die Wärme über Grönland und der europäischen Arktis, was sich bis nach Nordskandinavien hinein auswirkt.
Dank häufiger Hochdruck- und Südlagen wird der April 2016 in weiten Teilen Mitteleuropas trockener als im langjährigen Schnitt. Mehr Niederschlag als üblich wird von den Britischen Inseln über Frankreich bis in den westlichen Mittelmeerraum erwartet, auch die Alpensüdseite bekommt mit Stauregen bei Föhnlagen wohl etwas überdurchschnittliche Mengen ab. Da die Feuchtigkeit überwiegend aus südlichen Gefilden stammt, liegt die Schneefallgrenze in den Alpen oft relativ hoch, Mittelgebirgslagen dürften nur noch selten Neuschnee zu sehen bekommen, der jeweils auch rasch wieder verschwindet. In den Niederungen dürften Schneeflocken in diesem Monat eine absolute Ausnahmeerscheinung sein, hingegen ist bei dieser Konstellation mit einem frühen Beginn der Gewittersaison zu rechnen, was sich ja bereits in den letzten Märztagen abgezeichnet hat.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Südwestzieher haben es wie schon im März in diesem Jahr weiterhin nicht einfach, stellt sich doch auf der Iberischen Halbinsel häufig die unfreundlichste Witterung Europas ein. Hier ist damit zu rechnen, dass wenige, aber sehr stark frequentierte Zugtage mit südwestlichen Winden genutzt werden. Besser sieht es auf dem Zugweg über Italien sowie über Südosteuropa aus, wo günstiger Wind und freundliche Witterung überwiegen. Mit schädlichen Kaltlufteinbrüchen ist in diesem Jahr wohl kaum mehr zu rechnen, dafür ist die Ausgangslage in Nord- und Osteuropa einfach abnormal warm. Gemässigte Kälteeinbrüche vom Atlantik her sind hingegen zu erwarten, sie bringen jedoch maximal leichte und vereinzelte Nachtfröste, was für April durchaus normal ist und in der Natur kaum Schaden anrichtet.
Die experimentelle Monatsprognose nimmt Trends über die zu erwartende Entwicklung der Grosswetterlage in Europa auf und soll mögliche Auswirkungen der Witterung auf Vogelzug, Bruterfolg und Nahrungsverfügbarkeit der Vögel in den verschiedenen Regionen aufzeigen. Die Einschätzungen über Abweichung von Temperatur und Niederschlag sind jeweils über den Gesamtmonat gemittelt und können somit auch sich ausgleichende Extreme enthalten. Eine genaue Prognose über den detaillierten Witterungsverlauf ist in der Regel nicht möglich. Erfahrungsgemäss stimmt der Trend für die erste Monatshälfte recht gut, während in der zweiten Monatshälfte die Wahrscheinlichkeit von markanteren Abweichungen gegenüber der Prognose zunimmt.
Eine Verifikation der Langfristprognose für den vergangenen Monat mit einem Rückblick der Witterung in Europa finden Interessierte jeweils ab dem 4. des Folgemonats im Blog der Partnerseite fotometeo.ch.
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