Aktuelle Grosswetterlage in Europa:
Das seit über einer Woche nördlich von uns liegende Hochdruckgebiet schwächt sich ab und zieht sich gleichzeitig nach Osteuropa zurück, während sich vom Atlantik her ein umfangreiches Tiefdrucksystem nähert (GWL Südost antizyklonal = SEA). Dazwischen eingeklemmt und ziemlich orientierungslos befindet sich auch noch ein kleiner Kaltlufttropfen, dessen Zugbahn über das südliche Mitteleuropa hinweg nach Osten im Lauf des Sonntags immer noch nicht genau feststeht und die Folgeentwicklungen für den Wochenbeginn völlig offen lässt. Die Wetterlage demonstriert in lehrbuchhafter Weise, dass wir Meteorologen selbst im Zeitalter modernster Technologie bisweilen völlig im Dunkeln tappen. So weit die Erklärungen für die fast stündlich wechselnden Prognosen für alle, welche automatische Prognosen über Apps konsultieren. Wir versuchen es hingegen mit menschlichem Hirnschmalz, was allerdings auch nicht viel mehr als Ehrlichkeit bezüglich der zahlreichen Unsicherheiten zutage fördert.
Prognose für den deutschsprachigen Raum für das Wochenende vom 3. bis 4. Oktober 2015:
Immerhin sind die Aussichten für den Samstag noch recht zuverlässig: Mitteleuropa befindet sich unter Hochdruckeinfluss noch weitgehend in sehr trockener Luft. Einzig im Norden Deutschlands beginnt der Tag mit ausgedehntem Nebel und Hochnebel, während dieser sonst nur als lokales Phänomen auftritt. Nach Auflösung des Frühnebels scheint meist die Sonne, wenn auch im Tagesverlauf von Südwesten her immer häufiger hohe Wolkenfelder den Himmel etwas verschleiern. Zu lokalen Schauern kommt es einzig südlich des Alpenhauptkamms. Der Wind weht in den Niederungen meist schwach, in Norddeutschland sowie am Alpenostrand zeitweise frisch aus östlicher bis südöstlicher Richtung. Auf den Alpenpässen weht mitunter kräftiger Südwind, der Föhn greift allerdings nur sehr lokal in die Täler durch. Die Temperaturen sind mit verbreitet 15 bis 20 Grad für die Jahreszeit recht angenehm, im Süden und in Föhngebieten sind bis zu 23 Grad möglich.
Am Sonntag bereitet uns der eingangs erwähnte Kaltlufttropfen Kummer: Bereits in den Morgenstunden regnet es in weiten Teilen der Schweiz und Südwestdeutschlands. Im Tagesverlauf verlagert sich das Regengebiet allmählich in östlicher Richtung und dürfte sich am Nachmittag etwa vom Bayerischen Wald bis nach Ostösterreich erstrecken. Von Westen her kann es bereits wieder Aufhellungen geben, doch einige Schauer sind noch einzuplanen. Nicht klar ist, wie weit der Regen nach Norden ausgreift: Die Mainlinie könnte ungefähr die Grenze bilden, einige Wettermodelle zeigen jedoch Ausläufer bis hin zur nördlichen Mittelgebirgsschwelle. Unbehelligt bleibt man sicher im Norden Deutschlands, wo abgesehen von Frühnebel und hohen Wolken der Tag recht sonnig verläuft. Windmässig ändert sich zum Vortag wenig, am Alpenostrand legt der Südostwind aber noch etwas zu. Die Temperaturen bleiben über der jahreszeitlichen Norm, in den Regengebieten verharren sie allerdings bei etwa 15 Grad oder knapp darunter.
Tendenz für die Woche vom 5. bis 11. Oktober:
Eigentlich müsste man über die weitere Wetterentwicklung besser das Tuch des Schweigens ausbreiten, um sich nicht dem Vorwurf der Scharlatanerie auszusetzen. Der Montag scheint aus heutiger Sicht noch recht gesichert zu sein: Nach Auflösung der obligaten lokalen Frühnebelfelder scheint trotz hohen Wolken häufig die Sonne, einzig ganz im Westen trübt es im Tagesverlauf schon wieder etwas ein. Die Tageshöchstwerte liegen bei südlichem Wind um oder knapp über 20 Grad. Für Dienstag wird es bereits unsicher, ob und wie stark in den Alpen Föhn aufkommt und die sich aus Westen nähernden Fronten aufzuhalten vermag. Tendenziell ist es in den östlichen Regionen noch länger sonnig und für die Jahreszeit sehr warm, während im Westen bereits zeitweise Regen fallen kann. Mit Eintreffen der Kaltfront am Abend bzw. in der Nacht auf Mittwoch wird es dann verbreitet nass. Der Mittwoch selbst scheint unter der Regie des Kaltfrontdurchzugs zu stehen, was einen trüben, nassen und windigen Tag nach sich zieht. Die Verlagerungsgeschwindigkeit der Front wird aber von den Modellen derart unterschiedlich berechnet, dass sich locker auch Verschiebungen um 12 oder sogar mehr Stunden ergeben können, es also entweder im Osten noch länger sonnig bleibt oder aber im Lauf des Mittwochs von Westen her bereits wieder eine Wetterbesserung einstellt. Für den weiteren Verlauf der Woche ab Donnerstag müssen wir endgültig die Segel streichen. Grund dafür liegt im Ex-Hurrikan “Joaquin”, dessen Einbindung in die atlantische Westwindströmung noch etliche Rätsel aufgibt und daher bezüglich der Wetterentwicklung in West- und Mitteleuropa noch alles offen lässt. Einzig die Tatsache, dass die Temperaturen etwas über der jahreszeitlichen Norm bleiben, scheint momentan recht sicher zu sein.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Für die Beobachter an den Vogelzugtagen “Eurobirdwatch” am Wochenende sind die Bedingungen besonders am Sonntag im Alpenraum und in den südlichen Mittelgebirgen ungünstig, da bei tiefen Wolken und Regen nur wenige Vögel unterwegs sein werden. Zudem herrscht an den Alpenübergängen am gesamten Wochenende Gegenwind. Dies könnte zumindest am Samstag noch vielversprechende Beobachtungen an den bekannten Pässen ermöglichen, da ziehende Kleinvögel möglichst tief Windschatten suchen werden. Interessant ist die Vorgeschichte mit überwiegenden, teils kräftigen Ostwindlagen in den vergangenen Wochen. Östliche Arten wie beispielsweise der Gelbbrauenlaubsänger dürften deutlich gehäufter auftreten als in den vergangenen Jahren.
Ausgegeben am 02.10.2015 12:00 Uhr
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Die Windkarte zeigt die Windrichtung und die mittlere Windgeschwindigkeit in rund 1500 m Seehöhe. In den Alpen werden die Geschwindigkeiten allerdings in der Regel zu schwach dargestellt und die Windrichtung wird häufig durch regionale Berg-Talwind-Systeme bestimmt.
Eine ganze Fieder = 10 Knoten, halbe Fieder = 5 Knoten. Faustregel Umrechnung Knoten in km/h: Knoten mal 2 minus 10 %

Legende der Wettersymbole in der Europakarte
Quelle und zusätzliche Wetterkarten: www.wetter3.de