Aktuelle Grosswetterlage in Europa:
Ein für die Jahreszeit aussergewöhnlich kräftiges Hochdruckgebiet über Skandinavien mit einer nach Südwesten gerichteten Achse blockiert die atlantische Westdrift, während sich ein Höhentief langsam von Osten her auf Mitteleuropa zubewegt (GWL Hoch Nordmeer-Fennoskandien, über Mitteleuropa zyklonal = HNFZ). Diese sogenannte High-over-Low-Lage ist gewöhnlich recht hartnäckig und kann sich zwei bis drei Wochen halten. Der Ausgang aus dieser eingefahrenen Situation ist noch völlig offen, die Zufuhr kalter und mässig feuchter Luftmassen aus östlicher bis nordöstlicher Richtung wird so schnell nicht abreissen.
Prognose für den deutschsprachigen Raum für das Wochenende vom 8. bis 9. Oktober 2016:
Am Freitag und Samstag bringt der teils frische Nordostwind weiterhin hochnebelartige Bewölkung, die sich nur stellenweise und für kurze Zeit auflockert. Begünstigt für sonnige Abschnitte sind dabei die Südwestseiten der Mittelgebirge, während sich die Wolken an den Nordostflanken stauen und zeitweise Nieselregen bringen können. Zunehmende Höhenkaltluft mit Zugbahn über die relativ warme Ostsee sorgt dafür, dass hier die Schichtung labilisiert wird und besonders am Samstag tagsüber Schauerstrassen hervorbringt, die ins Landesinnere ziehen. Der an der Ostseeküste seit Tagen permanente und nach wie vor starke Nordostwind sorgt hier weiterhin für Hochwasser und hohen Wellenschlag. An den Alpen wiederum stauen sich die feuchten Luftmassen aus Norden, was im Lauf des Samstags zu einer zunehmenden Niederschlagsneigung führt. Dabei sinkt die Schneefallgrenze allmählich ab und erreicht in der Nacht auf Sonntag die Marke von rund 1200 m.
Am Sonntag bewirkt das sich langsam von Osten annähernde Tief im Norden und Nordosten Deutschlands eine Winddrehung auf Nord bis Nordwest, wodurch sich die Sturmflutgefahr an der Ostsee etwas entspannt. Im Gegenzug stauen sich feucht-kalte Luftmassen an Erzgebirge und Harz und bringen in den Hochlagen Schnee. Im Flachland hält sich verbreitet das hochnebelartige Grau, sonnige Abschnitte bleiben nach wie vor selten. An den Alpen nimmt die Niederschlagsbereitschaft wieder ab und die Schneefallgrenze steigt etwas an, es bleibt aber auch hier mehrheitlich trüb. Die Temperaturen verharren deutlich unter dem jahreszeitlichen Niveau, bei lokalem Aufklaren ist nachts mit Bodenfrost zu rechnen.
Tendenz für die Woche vom 10. bis 16. Oktober: Zu Wochenbeginn sorgt das von Ost nach West ziehende Tief für viele Unsicherheiten in der Detailprognose, da die genaue Zugbahn unterschiedlich berechnet wird. Es bleibt unbeständig und für die Jahreszeit deutlich zu kühl, die Niederschlagsmengen bleiben allerdings bescheiden. Je nach Zugbahn des Tiefs kann der Wind in den unteren Luftschichten am Montag regional vorübergehend auf westliche Richtung drehen, nimmt aber ab Dienstag wieder die östliche Komponente ein. Die Wettermodelle bekunden mit dieser Wetterlage erfahrungsgemäss die allergrösste Mühe. Entsprechend stehen für die zweite Wochenhälfte verschiedene Optionen zur Verfügung:
1) Langsame Abschwächung des Skandinavienhochs an Ort und Stelle mit Druchbruch einer südlichen Westlage über Mitteleuropa. 2) Aufsteilung der Hochachse und Blockierung der atlantischen Tiefs über Westeuropa mit aufkommender milderer Südströmung über Mitteleuropa. 3) Verlagerung des Hochs nach Westen auf das Nordmeer und zu den Britischen Inseln mit Winddrehung auf Nord und möglichen Schneefällen bis in tiefe Lagen. Derzeit wird Option 3 als die wahrscheinlichste Variante angesehen, vor zwei Tagen war es noch Option 1. Durchaus möglich, dass uns in den nächsten Tagen noch weitere spannende Entwicklungen aufgetischt werden. Relativ sicher ist, dass es dieses Jahr mit dem Goldenen Oktober nichts wird. Die Ursachen und Wirkungen dieser speziellen Wetterlage sind hochgradig spannend, würden aber den Rahmen dieses Wetterberichtes sprengen. Daher haben wir für alle, die sich für die grossräumigen Zusammenhänge interessieren, hier einen ausführlichen Beitrag dazu erstellt.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Der markante Temperatursturz in den letzten Tagen hat eine massive Zugwelle über Mitteleuropa ausgelöst. Viele Vögel nutzen den nordöstlichen Wind, werden aber auch durch schlechte Sichtverhältnisse behindert. Häufig kann man bodennahen Zug beobachten, wobei während schlechten Phasen auch gerastet wird. Die ungünstigen Verhältnisse vor allem über den Ostalpen bewirken einen Zugstau im Alpenvorland. Von Nordosten her drängen Winterflüchtlinge nach Mitteleuropa, die an den Alpen aber nicht weiterkommen, gleichzeitig können die hier heimischen Brutvögel den Zug aber nicht antreten. So kommt es zur aussergewöhnlichen Situation, dass erste Wintergäste, östliche Irrgäste, rastende Zugvögel und Sommervögel gleichzeitig zu beobachten sind. Ein Schlaraffenland für Vogelbeobachter, vorausgesetzt man ist wetterfest.
Ausgegeben am 07.10.2016 12:30 Uhr
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In dieser Karte ist die Abweichung zum langjährigen Mittel (Klimanorm 1981-2010) der Lufttemperatur in 2 Meter Höhe am Sonntagnachmittag dargestellt. Ebenfalls eingezeichnet sind die Windströmungen in durchschnittlich 1400 m Höhe. Je enger die Stromlinien, umso stärker der Wind. Bildquelle: karstenhaustein.com

Legende der Wettersymbole in der Europakarte. Quelle und zusätzliche Wetterkarten: www.wetter3.de