Aktuelle Grosswetterlage in Europa:
Die derzeitige grossräumige Zirkulation in der Nordhemisphäre ist typisch für den Frühling. Der Austausch der Luftmassen zwischen noch kaltem Polargebiet und den bereits sehr warmen Subtropen findet auf direktem Weg statt: Kaltluft fliesst in breiten Strömen nach Süden und im Gegenzug gibt es mächtige Warmluftströme nach Norden, ohne diese der Frühling im Hohen Norden niemals Fuss fassen könnte. Die sonst in den gemässigten Breiten üblichen Westwinde werden dadurch blockiert. Europa kommt an diesem Wochenende genau in eine kalte Nordströmung zu liegen, während der Ausgleich warmer Südströmung über Russland stattfindet (GWL Trog Mitteleuropa = TRM). Solche Wetterlagen kommen in fast jedem Jahr vor und entsprechen dem typischen Aprilwetter, das allerdings oft noch bis weit in den Mai andauern kann. Der aktuelle Kaltluftausbruch ist einer der extremeren Sorte: Es ist schlicht einfach Pech, wenn der letzte Rest winterlicher Polarluft genau über Europa nach Süden ausbricht – und dies ausgerechnet an jenem Wochenende, an dem zahlreiche Vogelbeobachter unterwegs sind („Birdrace“ in Deutschland und Österreich, „Stunde der Gartenvögel“ – müsste man diese Veranstaltung diesmal nicht „Stunde der Wintervögel“ nennen? – in der Schweiz).
Prognose für den deutschsprachigen Raum für das Wochenende vom 3. bis 5. Mai 2019:
Am Freitag liegt eine erste Kaltfront auf einer Linie vom Erzgebirge bis zur Eifel, wird allerdings durch einen schwachen Hochdruckkeil über Süddeutschland vorerst noch ausgebremst bzw. weist Auflösungstendenzen auf. Im Norden bleibt es im Landesinneren bei wechselnder Bewölkung weitgehend trocken, im Nordseeumfeld gehen einige Schauer nieder. Dazu weht frischer Nordwestwind und die Temperaturen kommen nicht über 10 Grad hinaus. Südlich der Mittelgebirge herrscht wechselhaftes Schauerwetter mit Temperaturen um 15 Grad, in den Nordalpen kann es auch länger trüb und nass bleiben. Die Schneefallgrenze liegt hier noch bei rund 1500 m. Noch eine Spur wärmer ist es südlich der Alpen, hier kommt es nicht nur zu Schauern, sondern vereinzelt auch noch zu Gewittern mit kräftigen Regengüssen und örtlich kleinkörnigem Hagel.
Der Samstag steht im Zeichen der sich nun allmählich auf Nord drehenden Winde und dem Voranschreiten der Kaltluft bis zu den Alpen. Eine zweite Kaltfront zieht im Tagesverlauf rasch durch ganz Deutschland nach Süden und bringt verbreitet trübes und nasses Wetter. Nur im flachen Alpenvorland zeigt sich am Vormittag noch zeitweise die Sonne, hier kann es noch mal bis 15 Grad geben, sonst bleiben die Temperaturen in der Regel im einstelligen Bereich stecken. Mit dem Eintreffen der Kaltluft sinkt die Schneefallgrenze rasch ab und kommt bereits um die Mittagszeit in den Mittelgebirgen bei etwa 400 m zu liegen, weiter südlich liegt sie zunächst noch höher. In der Kaltluft nördlich der Front bilden sich kräftige Schauer, dabei kann es kurzzeitig Schneeregen und Graupel auch im Flachland geben. Begleitet wird dies alles von einem steifen Nordwest- bis Nordwind mit teilweise stürmischen Böen vor allem in freien und erhöhten Lagen.
In der Nacht zum Sonntag liegt die Kaltfront an den Alpen und bringt nun auch hier Schneefall bis in die Tallagen. Bereits in leicht erhöhten Lagen wird der Eindruck rasch winterlich, wer sich hier auf die Suche nach Vögeln machen will, muss auf jeden Fall gut ausgerüstet sein. Von Exkursionen ins mittlere oder gar höhere Gebirge raten wir daher ab. Denn nicht zu vergessen ist hier auch der starke bis stürmische Nordwind, der am Alpenostrand auch im Flachland zum Thema wird. Nördlich der Mittelgebirge klart es rasch auf und mit nachlassendem Wind fällt die Temperatur bis in den frostigen Bereich. Vor allem in Muldenlagen der Mittelgebirge – zumal wenn etwas Schnee liegen geblieben ist – kommt es auch zu mässigem Frost.
Am Sonntag bleibt es im Alpenraum trüb und der Niederschlag lässt nur allmählich nach. Immerhin steigt die Schneefallgrenze tagsüber wieder auf etwa 600 m an. Allerdings weht der Nordwind weiterhin stark bis stürmisch und greift auch in die Niederungen der Alpensüdseite und des Alpenostrands durch. In weiten Teilen Deutschlands herrscht der Typ Aprilwetter. Am Vormittag ist es noch oft freundlich, in der zweiten Tageshälfte kommt es aber erneut zu Schauern. Im Nordstau der Mittelgebirge kann es auch länger regnen oder schneien. Dazu weht weiterhin Nordwestwind mit kräftigen Böen in Schauernähe. Die Temperaturen verharren meist im einstelligen Bereich, nur dort wo die Sonne für längere Zeit zum Vorschein kommt, gibt es etwa 12 Grad.
Tendenz für die Woche vom 6. bis 12. Mai: Am Montag setzt sich der Aprilwettercharakter vom Sonntag noch fort und es bleibt kühl, die Schauer werden allerdings allmählich spärlicher und der Wind lässt etwas nach. Am Dienstag herrscht Zwischenhocheinfluss: Nach erneut frostigem Start erwärmt die kräftige Maisonne tagsüber die Luft auf 12-16 Grad, am Oberrhein sind bereits 18-20 Grad möglich. Ab Mittwoch kommt teils starker Südwestwind auf. Damit werden deutlich mildere, aber auch feuchtere Luftmassen herangeführt. Es kommt täglich zu Niederschlägen, mitunter auch kräftig und mit Gewittern durchsetzt. Nachtfröste sind dann kein Thema mehr. Zum Wochenende wird es mit Winddrehung auf West bis Nordwest wieder etwas kühler und es bleibt unbeständig.
Auswirkungen auf die Vogelwelt:
Die Lage am Wochenende führt nicht nur der Niederschläge wegen, sondern auch aufgrund des starken Nordwindes zu Zugstau. Der Blick für seltenere Vogelarten wird daher nicht zum Himmel, sondern auf den Boden gerichtet sein. Bei starkem Wind und mitunter kräftigen Niederschlägen, oberhalb von etwa 400 m auch in Form von Schnee, sind die Beobachtungsbedingungen deutlich erschwert. Eine Herausforderung werden Schnee und Nachtfröste vor allem für Bodenbrüter, aber auch die bereits geschlüpften Jungvögel werden wohl einige Tage hungern müssen, denn an Jagd auf Fluginsekten ist bei diesem Wetter nicht zu denken. Glücklich, wer am Boden nach Spinnen und anderen Kriechtieren suchen kann – sofern nicht Schnee das Unterfangen behindert. Bleibt zu hoffen, dass die Erwärmung ab Dienstag nicht zu spät kommt. Die darauf folgenden Niederschläge sind, zumal es sich nicht um Dauerregen handelt, angesichts der vielerorts immer noch herrschenden Trockenheit höchst willkommen.
Ausgegeben am 03.05.2019 11:00 Uhr
orniwetter.info ist als teilweise gemeinnütziges Projekt eines Kleinstunternehmens in einem schwierigen Marktumfeld auf freiwillige Unterstützung dringend angewiesen. Über den PayPal-Spendenbutton können Sie unkompliziert die Wertschätzung für diese Arbeit zum Ausdruck bringen und sichern somit den Fortbestand dieses kostenlosen Angebots. Ganz herzlichen Dank!
Falls Sie kein PayPal-Konto besitzen, können Sie direkt auf eines der angegebenen Konten unter den Kontaktdaten einzahlen.
In dieser Karte ist die Abweichung zum langjährigen Mittel (Klimanorm 1981-2010) der Lufttemperatur in 2 Meter Höhe am Sonntagmorgen dargestellt. Ebenfalls eingezeichnet sind die Windströmungen in durchschnittlich 1500 m Höhe. Je enger die Stromlinien, umso stärker der Wind. Bildquelle: karstenhaustein.com